Otto Pankok …

… und die Kunst des 20. Jahrhunderts


Text: Sabine Hannemann | Bilder: Armin Fischer | NiederRhein Edition, Ausgabe 01/2013

Otto Pankok gilt heute als einer der bedeutendsten deutschen Künstler. Am Niederrhein, im Haus Esselt in Hünxe, verbrachte er seine letzten Lebensjahre. Immer an seiner Seite seine Frau Hulda und Tochter Eva.


Respekt vor dem Leben

Das Lebenswerk von Otto Pankok gilt als sehr umfangreich und ist im alten, etwas versteckt liegenden Herrenhaus in Hünxe unmittelbar zu erleben. Haus Esselt machte er zusammen mit seiner Frau Hulda und Tochter Eva zum Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens. Nach seinem Tod 1966 entstand nach den Plänen von Hulda und Eva Pankok das Otto-Pankok-Museum. Die Otto-Pankok-Gesellschaft, gegründet 1968, pflegt das Lebenswerk, kümmert sich um Ausstellungen.

Gesamtkunstwerk Pankok

Jung wie Alt haben als Besucher die Möglichkeit, sich vor Ort auf einfache Weise dem Kunstverständnis, aber auch der Lebensphilosophie Pankoks zu nähern. Mehr noch: das Werk des Künstlers und seinen Lebensraum zu entdecken, zu dem bis heute Eva Pankok als Zeitzeugin den Zugang schafft. Das Herzstück der Museumsarbeit ist das pädagogische Programm inklusive der praktisch-kreativen Arbeit. Der außerschulische Lernort eröffnet neue Horizonte. Ganz im Sinne der Toleranz und Akzeptanz von Otto Pankok sind die Bildungsziele aufs 21. Jahrhundert ausgerichtet. Dabei zeigt sich, dass Pankok in seiner Auseinandersetzung mit seinem Umfeld aktueller ist denn je. Er wird dabei für die jüngere Generationen oft zur Neuentdeckung. Ihm ging es nicht um IdylleIn seinen Kohlezeichnungen hielt er das fest, was er sah, bei seinen Reisen erlebte.

Ihm ging es nicht um Idylle

Er schaute genau hin, wenn er die von Armut und der vielen Arbeit gezeichneten Menschen malte oder Ausgegrenzten und Unterdrückten seine Stimme gab. Zu erinnern ist an den Zyklus "Jüdisches Schicksal" oder "Zigeuner", aus der Zeit des Nationalsozialismus. Mit zu den bedeutenden Arbeiten gehört unter anderem "Christus zerbricht das Gewehr". Der Holzschnitt wurde zum Symbol der Friedensbewegung. Seine Tochter Eva (Jahrgang 1925), die als Malerin arbeitet, analysiert die heutige Popularität ihres Vaters. Sie berücksichtigt verschiedene Perspektiven. "Mein Vater hat Lebensthemen erkannt und sich damit beschäftigt. Seine Sicht der Dinge, auf Menschen, Natur und Umwelt, der Blick auf gesellschaftliche Randgruppen ist heute sehr aktuell. Er hat bereits das gemalt, was Menschen heute beschäftigt. Er gibt ihnen Antworten auf ihre Fragen", sagt Eva Pankok. "Er hatte immer den Mut, Stellung zu beziehen."

Die Erinnerung an ihren Vater ist lebendig. Den täglichen Kontakt mit seinem Lebenswerk rund um Haus Esselt liebt sie. "Ich brauche ja nur aus dem Fenster zu schauen. All diese Bäume hat er gepflanzt", sagt Eva Pankok. Diese Kulturlandschaft inspirierte ihn, wie die immer wiederkehrenden Motive zeigen. Seine Arbeiten befinden sich im angegliederten Archiv, der Schatztruhe für Aussteller. Das absolute Highlight in diesem Jahr sind die bundesweiten Ausstellungen zum 120. Geburtstag von Otto Pankok.

 

Pankok Museum Haus Esselt

Otto Pankok Weg 4
46569 Hünxe-Drevenack
Telefon 02856 754

www.pankok-museum-esselt.de



Otto Pankok

Pankok wurde 1893 in Mülheim an der Ruhr geboren. Als 20-Jähriger nahm er 1913 sein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf auf. Sein Vorbild: Vincent van Gogh, Pankok selbst gilt als Vertreter des expressiven Realismus. Zu seinen Weggefährten zählen Künstler wie Otto Dix, Max Liebermann und besonders Gert Wollheim, Mitglieder der Künstlergruppe um Johanna Ey. Die Erlebnisse des Ersten Weltkriegs prägen ihn. Unter den Nationalsozialisten erhält er ein Arbeitsverbot. Seine Arbeiten galten als „Entartete Kunst“. Von 1947 bis 1958 ist Pankok Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie. Zusammen mit seiner Frau Hulda und Tochter Eva bereist er viele Länder, verarbeitet in seinen Kohlezeichnungen, Druckgrafiken und Bronzen diese Begegnungen.

Hulda Pankok

Hulda Pankok wurde als Hulda Droste 1895 in Bochum geboren. Ihr Vater war Lehrer und Journalist für den Dortmunder General-Anzeiger. Die Mutter Julie Droste, geb. Sassenberg war Theaterkritikerin und Tochter eines Bergwerkdirektors. Hulda Droste hatte fünf ältere Geschwister. Hulda Droste ging zur Höheren Töchterschule. Nach dem Abitur studierte sie an der Universität Jena Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte. In Bochum richtete sie die erste Kinderbibliothek ein. 1919 kam sie der Bitte ihres Bruders Heinrich Droste nach an seiner Zeitung „Düsseldorfer Stadtanzeiger“  (später "der Mittag") als Feuilletonredakteurin mitzuarbeiten. Hulda Droste und Otto Pankok lernten bei einem Interview kennen. Sie heirateten 1921, 1925 kam Tochter Eva zur Welt. Zu ihrer Arbeit in verschiedenen Zeitungen kam später auch eine Tätigkeit als freie Mitarbeiterin beim Rundfunk. Die Kulturbeilage Geistiges Leben im „Mittag“ ist ihre Entwicklung, von ihr erscheinen Buchbesprechungen über Autorinnen der Gegenwart und Frauen des 19. Jahrhunderts sowie Analysen zur Kunstszene. Hulda war befreundet mit Else Lasker-Schüler und mit Louise Dumont. Wie ihr Mann, erhielt auch sie 1936 Berufsverbot und schrieb weiter unter dem Pseudonym Anna Sasse und Henriette Reiser zuletzt für Kirchenzeitungen. Während der Nazi-Diktatur lebte die Familie zunächst im Emsland, ab 1942 in einem kleinen Bauernhaus bei Pesch in der Eifel, wo sie andere Verfolgte versteckte, u. a. den Maler Mathias Barz und seine jüdische Frau Hilde geborene Stein, die Schauspielerin in Düsseldorf gewesen war. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete Hulda 1946 in Düsseldorf den Drei-Eulen-Verlag. Er war der erste Kunstbuchverlag in Deutschland nach dem Krieg. Der Name bezog sich auf die aus drei Personen bestehende Familie. Bis 1952 brachte der Verlag über dreißig Werke der Kunst- und Weltliteratur heraus. Bedingt durch die Folgen der Währungsreform wird der Verlag aufgelöst. Hulda gründete im März 1951 die Deutsche Frauenpartei mit. Ab 1953 engagiert sie sich in der von Helene Wessel und Gustav Heinemann gegründeten Gesamtdeutschen Volkspartei. Als Dank für ihre Haltung während der Zeit des Nationalsozialismus wird sie als erste Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg von den Frauen Jugoslawiens eingeladen. Ihren Reisebericht veröffentlicht sie 1961 als Jugoslawische Erlebnisse. Nach dem Tod Otto Pankoks eröffnete Hulda Pankok 1968 mit ihrer Tochter Eva im Atelierhaus ihres Mannes in Drevenack das Otto-Pankok-Museum.

Eva Pankok

Wie ihr Vater wurde sie Malerin. Allerdings malte sie in Farben auf Leinwand. Gemeinsam gingen Vater und Tochter auf Reisen und malten Seite an Seite. Auf einer dieser Reisen entdeckte sie ihre Liebe für die Provence. Eva Pankok reiste später jeden Sommer nach nach Südfrankreich. Hier fand sie die Ruhe für weitere Bilder. Seit dem Tod ihrer Mutter oblag Eva Pankok die Leitung des Museums und der Erhalt des Werks. Sie wünschte sich, dass einst Haus Esselt, die Kunstwerke ihres Vaters, die Schriftstücke ihrer Mutter und die gesamte Korrespondenz der Familie an die Otto Pankok Stiftung übergehen und weiterhin für Besucher zugänglich bleiben und der Nachlass eine größere Verbreitung findet. Eva Pankok verstarb am 16.02.2016 in Wesel. Sie wurde 90 Jahre alt.

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