Xanten: Römische Stadt wird UNESCO-Welterbe

Virtuelle Ansicht der römischen Stadt Colonia Ulpia Traiana im heutigen Xanten in ihrer Blütezeit im 2. Jahrhundert n. Chr. Bild: FaberCourtial GbR für LVR.

Das UNESCO-Welterbekomitee hat heute das Gebiet der römischen Stadt Colonia Ulpia Traiana in Xanten als Bestandteil des Niedergermanischen Limes ins Erbe der Menschheit aufgenommen. In der Reihe der frisch gekürten archäologischen Fundplätze zwischen Katwijk an der Nordsee und Remagen handelt es sich um die einzige römische Stadt. Durch ihre Nähe zum großen Legionslager Vetera castra und durch ihre Lage direkt an der Rheingrenze war auch diese Zivilstadt militärisch geprägt.

Die Geschichte des Ortes beginnt unter Kaiser Augustus mit der Errichtung des großen Legionslagers auf dem Xantener Fürstenberg kurz vor der Zeitenwende. Aus einer Anlegestelle am Rhein gut zwei Kilometer nördlich entstand ein Hafen, an dem sich neben Veteranen der Armee auch Händler, Kaufleute, Handwerker, Gastwirte und ihre Familien niederließen.

Um 100 n. Chr. legte Kaiser Trajan die Siedlung am Rhein als großmaßstäbliche Stadt neu an und verlieh ihr seinen Namen. Dank seiner Erhebung in den Status einer Colonia zählte der Ort in der niedergermanischen Provinz nun zu den höchstrangigen Metropolen des Imperiums. Bald startete ein umfangreiches Bauprogramm mit Stadtmauer, Tempel und Thermen, Amphitheater und monumentalen Hallenbauten. Mehr als zehntausend Männer, Frauen und Kinder füllten die Straßen der Stadt mit Leben.

Die Verbindungen der Colonia mit dem Militär waren vielfältig, sei es als Veteranenkolonie oder als Stützpunkt für die Rekrutierung neuer Soldaten. Neuere archäologische Untersuchungen haben weitere enge Bezüge zutage gebracht. So führte die gut erhaltene Limesstraße aus dem 1. Jahrhundert mitten durch das spätere Stadtgebiet, während der mehrfach ausgebaute Hafen über Jahrhunderte als Basis für die Versorgung der römischen Standorte am Rhein diente. Von ganz erheblicher Bedeutung für die militärische Grenzsicherung war auch die große spätantike Festung, die im 4. Jahrhundert mitten im Zentrum der alten Stadt errichtet wurde.

Nach dem Ende der römischen Epoche siedelten die Franken außerhalb der alten Stadt, das Areal wurde nicht mehr bewohnt – zum Glück für die heutige Forschung. Nirgends sonst in den nördlichen Provinzen Roms ist eine Großstadt auf so breiter Fläche für die Forschung zugänglich.

Seit der Landschaftsverband Rheinland 1977 den LVR-Archäologischen Park Xanten (APX) auf dem Colonia-Gelände errichtet hat, sind die Überreste der römischen Stadt gut geschützt. Neben dem Schutz des Bodendenkmals bildet die fortlaufende Erforschung der Stadt eine weitere zentrale Aufgabe des APX. Rund ums Jahr untersucht ein Team aus Archäologen und Bauforschern, Historikern, Restauratoren und Naturwissenschaftlern die Hinterlassenschaften der Colonia. Dabei kommen neben punktuellen Ausgrabungen verstärkt auch geophysikalische Methoden zum Einsatz, die zerstörungsfreie Einblicke in den historischen Boden ermöglichen.

Eine dritte zentrale Aufgabe des APX besteht in der Vermittlung der wissenschaftlichen Erkenntnisse an eine breite Öffentlichkeit. Von der Ausgrabung bis ins Labor, von der Restaurierung bis zur Vitrine, vom Modell bis zur virtuellen Ansicht thematisiert der Park vielfältige Aspekte der modernen Archäologie und ihre Methoden. Die Ausgrabungen können wochentags besucht werden, und Einrichtungen wie die inklusive Schiffswerft, in der vor den Augen der Besucher fahrtüchtige Schiffe nachgebaut werden, bieten anschauliche Einblicke in antike Techniken.

Anfangs noch vereinzelt kritisch hinterfragt, ist das in Xanten entwickelte Konzept eines archäologischen Parks, der die Erkenntnisse moderner Forschungen mit musealen Mitteln präsentiert, heute längst zum Vorbild geworden. Als international renommierter Schauplatz römischer Archäologie zählt der APX jährlich über eine halbe Million Besuche aus aller Welt.

Nach Einschreibung in die Welterbeliste finden Sie den Text und das Gesamt-Porträt des Niedergermanischen Limes auf der Website der UNESCO unter www.unesco.de/node/7151

Video der UNESCO zum Welterbe Niedergermanischer Limes: youtu.be/GwOQkqmMUwA

Informationen zum Niedergermanischen Limes und zum Antragsprojekt: bodendenkmalpflege.lvr.de

Mehr Informationen zu den deutschen Welterbestätten:
www.unesco.de/kultur-und-natur/welterbe sowie welterbedeutschland.de/

Ministerin Scharrenbach: „Niedergermanischer Limes ist 6. Weltkulturerbe in Nordrhein-Westfalen – Ein bedeutsamer Tag für unser Land.”

Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, gratuliert allen Antragspartnern sowie den Bürgerinnen und Bürgern in der Region und dankt ihnen für ihr Engagement: „Heute ist ein bedeutsamer Tag für Nordrhein-Westfalen. Wir sind mit dem Niedergermanischen Limes um ein Weltkulturerbe in Nordrhein-Westfalen reicher. Mit seiner Anerkennung als Welterbe ist der Niedergermanische Limes zugleich Teil der bereits bestehenden seriellen und länderübergreifenden UNESCO-Welterbestätte ‚Frontiers of the Roman Empire – Grenzen des Römischen Reiches‘. Zugleich ist die Entscheidung in der aktuellen Situation auch Mutmacher in der für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen, denn sie zeigt über welchen historisch-kulturellen Schatz unser Land verfügt. Darauf können wir stolz sein. Mit der Entscheidung des Welterbekomitees wird auch die Arbeit der Antragspartner ausgezeichnet, die seit Jahren unermüdlich und auf höchstem wissenschaftlichen Niveau dafür gearbeitet haben, dass die einzigartigen Fundplätze in Nordrhein-Westfalen und auch den Niederlanden sowie in Rheinland-Pfalz nun als Welterbe anerkannt sind. Ich danke allen Beteiligten für ihre Mühe und ihr ausdauerndes Engagement.“ 

Der Welterbe-Antrag wurde in Nordrhein-Westfalen fachlich durch das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland erstellt. Ulrike Lubek, Direktorin des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), betont: „UNESCO-Welterbestätten genießen ein hohes Ansehen und stellen eine besondere Wertschätzung des kulturellen Erbes dar. Ich freue mich, dass die fachliche Kompetenz des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege wesentlich zur Anerkennung des Niedergermanischen Limes als international bedeutendes Zeugnis der Menschheitsgeschichte in unserer Region beigetragen hat. Für unsere 19 Kommunen am Niedergermanischen Limes mit ihren herausragenden Bodendenkmälern bedeutet die Anerkennung als Welterbe eine besondere Auszeichnung.“

Die Fundplätze des Niedergermanischen Limes in Nordrhein-Westfalen liegen in den Kommunen Alfter, Alpen, Bad Münstereifel, Bedburg-Hau, Bonn, Bornheim, Dormagen, Duisburg, Moers, Monheim, Neuss, Kalkar, Kleve, Köln, Krefeld, Swisttal, Uedem, Wesel und Xanten. Die Bandbreite der Fundplätze reicht von kleinen Wachttürmen bis zu riesigen Legionslagern, von Marschlagern im Wald bis zum Statthalterpalast. Gemeinsam mit den zugehörigen Zivilsiedlungen, einer Kalkbrennerei und Teilen der Limesstraße bieten sie das wohl vollständigste Bild einer römischen Grenzregion. Nicht alle archäologischen Überreste sind obertägig erkennbar, oft aber durch modernste Methoden sichtbar gemacht. Ein gemeinsames Vermittlungskonzept soll die Fundplätze des Niedergermanischen Limes in naher Zukunft für alle Interessierten erschließen.

Hintergrund

Der Niedergermanische Limes
Der Niedergermanische Limes war eine der wichtigsten Grenzen des Römischen Reiches. 400 Kilometer lang reichte er von Remagen bis Katwijk an der Nordsee und bestand mehr als 450 Jahre.
Aus vielen Kastellen und Legionslagern entlang dieser „nassen Grenze“ sind bedeutende Städte und vielfältige Kulturlandschaften entstanden, die seit Jahrhunderten Menschen unterschiedlichster Herkunft eine Heimat bieten. Bereits heute sind einige dieser Orte weltweit bekannt und Besuchermagnete für Jung und Alt.
Die einzigartigen archäologischen Denkmäler des Niedergerma-nischen Limes veranschaulichen in besonderer Weise die Entwicklung einer Grenze des Römischen Reiches sowie das Leben und den kulturellen Austausch in ihrem Umfeld. 

Antrag und Entscheidung zum Weltkulturerbe
Gemeinsam mit den Niederlanden und dem Land Rheinland-Pfalz hat das Land Nordrhein-Westfalen unter fachlicher Federführung des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland den Antrag auf Aufnahme des Niedergermanischen Limes in die Liste des UNESCO-Welterbes erarbeitet. 
Die Entscheidung über die Anerkennung als Welterbe hat das UNESCO-Welterbekomitees in seiner 44. Sitzung im Juli 2021 getroffen. Die Sitzung endet am 31. Juli 2021 und findet aufgrund der Corona-Pandemie ausschließlich digital statt. 
Die Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste dokumentiert weltweit den außergewöhnlichen universellen Wert einer Stätte für die gesamte Menschheit. 

Weitere Welterbestätten in Nordrhein-Westfalen
Die weiteren UNESCO-Welterbestätten in Nordrhein-Westfalen sind: der Aachener Dom, die Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl, der Kölner Dom, die Zeche Zollverein in Essen und das Kloster Corvey.

Quelle: APX – Archäologischer Park Xanten sowie Landschaftsverband Rheinland (LVR)

Anzeige

Regiopartner