Der Verein „Partnerschaft für Afrika“: Erfolgsgeschichte mit Nachhaltigkeitsfaktor

Ein Besuch bei Initiatorin Friederike Heidenhof in Krefeld

Eine mit silberfarbenen Pailletten reich verzierte Kalebasse aus Tansania ist das Symbol für eine besondere Partnerschaft. Das Gefäß aus einem Flaschenkürbis wird bei den Massai normalerweise zum Melken von Ziegen genutzt.  Friederike Heidenhof, Initiatorin und Geschäftsführerin  des Vereins „Partnerschaft für Afrika“ hat es von der Mutter einer Massai-Frau geschenkt bekommen: als Dank für das neue, selbstbestimmte Leben, das der Verein ihrer Tochter ermöglicht hat.

Die heute 30-jährige Einoth war als Kind vor Beschneidung und Zwangsheirat mit einem alten, HIV-infizierten Massai aus ihrem Dorf in Tansania geflohen. In der Stadt verdingte sie sich als Hausmädchen und wurde vom Hausherrn vergewaltigt. Einoth versuchte es woanders, wo ihr dasselbe widerfuhr. Doch dann meinte es das Schicksal gut mit ihr. „Sie traf auf uns“, erzählt Friederike Heidenhof und ergänzt: „Wir haben ihren Schulbesuch finanziert, und ein Spender bezahlte ein Pädagogik-Studium an der Universität Nairobi. Dort hat Einoth vor zwei Jahren ihren Masterabschluss gemacht. Jetzt ist sie Dozentin an der Universität Dar Es Salam. Und mehr noch: In ihrem Heimatdorf motiviert sie nun andere Mädchen, auch zur Schule zu gehen und ermuntert deren Eltern, ihnen das zu erlauben und zu ermöglichen. Sie hat eine Maismühle bauen lassen und damit den Frauen im Dorf zu einer Einnahmequelle verholfen.“

Das ist nur eine von über hundert Erfolgsgeschichten mit Nachhaltigkeitsfaktor, die die diplomierte Agraringenieurin aus Krefeld seit Beginn der Aktivitäten in 2005 bzw. der Vereinsgründung im Jahr 2011 erleben durfte. Gemeinsam mit ihrem Mann, Günter Heidenhof, überzeugte sie das überwiegend aus Krefeld stammende Gründerteam – Simon Flümann, Ursula Leuchtenberg, Karsten Lutte und Iris Rommerskirchen – sich vor Ort ein Bild zu machen und fortan die Projektarbeit im Großraum Arusha zu unterstützen. Die Millionenstadt mit großen Slumgebieten liegt südlich von Nairobi, zwischen der Serengeti und dem Kilimandscharo. Das Einzugsgebiet des Vereins ist fast so groß wie Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zusammen.

Was den Verein „Partnerschaft für Afrika“ von großen Organisationen unterscheidet, hat uns Friederike Heidenhof bei einem Lemon Grass Tee in ihrem Krefelder Wohnzimmer erläutert, das durch Erinnerungsstücke aus Afrika, Bilder und viele Bücher in farbenfrohes Licht getaucht wird.

Foto: Partnerschaft für Afrika e.V.
Foto: Partnerschaft für Afrika e.V.
Foto: Partnerschaft für Afrika e.V.
Foto: Partnerschaft für Afrika e.V.
Foto: Partnerschaft für Afrika e.V.

Hilfe für Halbwaisen und Witwen

Auslöser für das Leid vieler Menschen in Tansania ist die HIV-Epidemie. „Vor allem zu Anfang der Epidemie steckten häufig HIV-infizierte Männer ihre Frauen an. Dann starben die Männer, und die Frauen, die dann meist selbst an HIV/AIDS erkrankten, blieben mit den Kindern in menschenunwürdigen Verhältnissen zurück. Im schlimmsten Fall starben sie an HIV/AIDS oder den Begleiterkrankungen und Hunger“, weiß Friederike Heidenhof und ergänzt: „Wir kümmern uns um die Waisen und Halbwaisen, deren drohende Vernachlässigung auch ein schwerwiegender Faktor für die Destabilisierung der Gesellschaft ist. Solche Kinder sind besonders anfällig für Kriminalität, Prostitution oder Radikalisierung. Wir haben aber immer auch die Mütter im Blick, die wir durch gute Versorgung gesundheitlich stabilisieren und denen wir  in speziellen Trainings vermitteln, sich selbständig und damit unabhängig von Hilfe zu machen“, erklärt Friederike Heidenhof.

Am Anfang steht dennoch die Nothilfe: Zunächst werden die Kinder in Sicherheit gebracht und die Mütter mit dem Nötigsten versorgt. „Anschließend helfen wir ihnen, ihre Lebensumstände zu verbessern. Das kann die Errichtung eines Toilettenhäuschens sein, die Reparatur einer Lehm- oder Wellblechhütte oder die Gabe von Medikamenten“, so die Vereinsgründerin, die heute noch von den Bildern aus den Anfangsjahren verfolgt wird: „Vor allem die Besuche bei den schwerkranken, stigmatisierten und von der übrigen Gesellschaft ausgestoßenen HIV-Patienten haben mich erschüttert. Ich fand kaum Worte, um das Gesehene zu verarbeiten; es sind Bilder, die man nie mehr vergisst. Fotos aus der Zeit habe ich zwar, aber die kann man niemandem zeigen, weil sie einfach zu schlimm sind. AIDS-kranke Menschen im Endstadium waren mehr tot als lebendig, und man wünschte ihnen eigentlich nur die Erlösung. In dem Moment habe ich mich auch gefragt: Was passiert mit den Kindern? Wie können wir sie aus der Not heraus in ein selbstbestimmtes Leben führen?  Der Sinn von Bildung ist in Tansania bekannt, da müssen wir keine Überzeugungsarbeit leisten. Es fehlt allein an den Mitteln.“

Versorgung, Bildung, Ausbildung

Der Weg ist lang, weil strategisch gut durchdacht, und er wird immer wieder durch Erfolge gekrönt. „Partnerschaft für Afrika“ hat eine Bildungs-Infrastruktur geschaffen, die es ermöglicht, Kinder aus der Not zu holen, sie gut zu versorgen und durch Schule, Ausbildung und Studium zu befähigen, auf eigenen Beinen zu stehen. „Dafür haben wir Programme ausgearbeitet, die qualifizierte Fachkräfte begleiten. Besonders wichtig ist dabei die sogenannte ,letzte Meile‘. Das ist die Zeit nach der Ausbildung bis in den Beruf oder die Selbständigkeit. Hier kommen sehr individuelle Konzepte zum Einsatz, begleitet von Weiterbildung, Praktika, Mentoring und Start-Darlehen“, erläutert Friederike Heidenhof das systematische Konzept einer „Bildung von A bis Z“.

Eines der bedeutendsten Projekte ist ein Waisenhaus für HIV-positive Kinder, das bereits vor neun Jahren bezogen wurde. Zwischenzeitlich hat der Verein ein weiteres Waisenhaus für 100 Kinder, eine Internatsgrundschule für 700 Kinder und ein Internatsgymnasium mit 350 Plätzen gebaut – alles mit Hilfe von tatkräftigen Spendern, von denen bereits viele die Projekte vor Ort besucht haben. „Eine Besonderheit ist unsere Waisenhausfarm, die wir zunächst mit privaten Mitteln als Pilot aufgebaut und kürzlich – dank des engagierten Einsatzes einer Krefelderin – um ein großes Stück erweitern konnten“, freut sich Friederike Heidenhof und ist mit der Aufzählung der bislang gestemmten Projekte noch nicht am Ende: „Zurzeit entstehen eine Jugendfarm, Jugendwerkstätten und zwei Safe-Houses für jugendliche Waisen, die zu alt sind für die Waisenhäuser, aber zu jung, um eigenständig klarzukommen. Was uns dringend fehlt, ist eine Kita. Für viele Kinder aus prekären Verhältnissen ist es nämlich nicht förderlich, zu lange in ihren Familien zu bleiben, weil sie dort teilweise ohne Aufsicht leben oder als billige Arbeitskräfte eingespannt werden. Sobald wir ein Grundstück haben, legen wir los.“

Foto: Partnerschaft für Afrika e.V.
Foto: Partnerschaft für Afrika e.V.
Foto: Partnerschaft für Afrika e.V.
Foto: Partnerschaft für Afrika e.V.

Friederike Heidenhof war viele Jahre als Diplom-Agraringenieurin in leitender Funktion in einem Agrarverlag der Bundesregierung tätig. Später arbeitete sie im Kommunikations- und Veränderungsmanagement in der chemischen Industrie. Bei ihrer dreimonatigen Beratertätigkeit in Tansania – ohne Bezüge, beurlaubt durch ihren Arbeitgeber BASF – lernte sie 2005 kompetente und engagierte Menschen in Arusha kennen, unter anderem eine Familie, die Waisenkinder bei sich zuhause aufnahm.
„Sie alle haben mich motiviert, ihnen in ihren Bemühungen durch das Organisieren finanzieller Unterstützung zu helfen“, sagt die Initiatorin von „Partnerschaft für Afrika“. Daraufhin hat sich Friedrike Heidenhof beruflich neu ausgerichtet: „Ich wollte meine praktischen Erfahrungen in der Entwicklungszusammenarbeit fachlich untermauern und habe mit Mitte 40 nochmal die Uni-Bank gedrückt und einen internationalen Master-Abschluss in einem entwicklungsorientierten Studiengang gemacht. Nach und nach ist dann, gemeinsam mit meinem Mann, die Entscheidung gereift, aus meinem Industrie-Job auszusteigen und mich überwiegend der ehrenamtlichen Tätigkeit in unserem Verein zu widmen.“

„Wir wollen für Menschen einen Unterschied machen“

Günter Heidenhof ist Jurist und Entwicklungsökonom und hat für die Weltbank in Washington, Ghana, Madagaskar und Indien gearbeitet. Außerdem war er Berater in afrikanischen Sub-Sahara-Ländern, in Nordafrika, im Nahen und Mittleren Osten. Günter Heidenhof beriet Regierungen bei Justizreformen, in der öffentlichen Verwaltung und beim Thema Anti-Korruption. Zurzeit ist er Dozent an verschiedenen Universitäten. „Uns verbindet das Interesse, durch professionelle Arbeit für Menschen einen Unterschied zu machen – sei es auf Regierungsebene bei der Weltbank oder auf dem ,Grass-Roots-Level‘, also direkt bei den Menschen in Tansania. Die Aktivitäten dort hatte ich zwar unabhängig von den Einsätzen meines Mannes begonnen, aber schnell war uns klar, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen wollen“, erzählt Friederike Heidenhof. Das erste Mal war sie 2003 in Tansania, aber durch den Job ihres Mannes ist sie viel in Afrika herumgekommen, hat abenteuerliche Touren quer durch die Sahara gemacht und so den Kontinent und die Menschen besser kennen gelernt.

Einkommen schaffende Projekte anstoßen

Neben allen laufenden Aktivitäten hat „Partnerschaft für Afrika“ konkrete Erfolgsgeschichten ermöglicht: Über 100 Kinder wurden seit der Vereinsgründung als junge Erwachsene in die Eigenständigkeit entlassen. Viele ernähren sich durch ihr eigenes Kleingewerbe, andere wurden Buchhalter, IT-Experten, Elektriker, Krankenpfleger, Lehrer oder Ärzte. Derzeit leben etwa 250 Kinder in Einrichtungen und durchlaufen Förderprogramme. Was alle Verantwortlichen aus Krefeld und Arusha besonders glücklich macht: Sie konnten bis heute rund 160 sich selbst finanzierende Arbeitsplätze schaffen, von denen auch viele Familienmitglieder profitieren. „Genau das ist das Ziel von Entwicklungsarbeit.  Sonst macht es keinen Sinn“, betont die Vereinsgründerin und ergänzt: „In den nächsten 10 bis 15 Jahren wollen wir weiterhin Projekte fördern, die Einkommen schaffen. Das tun nicht viele andere Organisationen. Wir dürfen nicht dauerhaft auf Spendengelder setzen. Langfristig müssen die Menschen ohne unsere Hilfe überleben können, durch eine Infrastruktur, die wir gemeinsam mit ihnen geschaffen haben.“

Nachhaltigkeit ist das Gebot der Stunde, oder wie es die Akteure von „Partnerschaft für Afrika“ ausdrücken: „Wir wollen nichts erschaffen, was zusammenbricht, wenn wir es nicht mehr tun, weil wir nicht mehr sind.“ Das Gute ist: Der Hauptteil des Gesamtprogramms wird durch Schulgeldeinnahmen gedeckt. Daraus werden rund 100 Waisenkinder mitfinanziert. Darüber hinaus sind jedes Jahr weiterhin Schulgelder für die noch nicht finanzierten Kinder von Nöten. Friederike Heidenhof: „Wir haben eine Verantwortung für viele Kinder übernommen, von denen wir hoffentlich alle auf den Schulen halten können. Jedes Jahr steht die Spendenuhr allerdings leider wieder auf Null, und wir haben keine feste Einkommensquelle, wie beispielsweise Stiftungen. Bei uns kommt es auf jeden Euro an.“

Eine stabile Gesellschaft schaffen

Regelmäßig wird über den Widerstreit zwischen kurzfristiger Nothilfe und langfristiger Entwicklungshilfe diskutiert. Friederike und Günter Heidenhof brechen eine Lanze für Letzteres: „In Tansania zu arbeiten, macht großen Sinn, weil ein stabiles Land in Ostafrika dringend nötig ist, um diese Region friedlich zu halten und vor Radikalisierung und Fluchtbewegungen zu schützen. Dazu braucht es eine stabile Gesellschaft – die wiederum davon lebt, dass die Jugend nicht perspektivlos herumhängt und empfänglich wird für alle möglichen, schrägen Ideen. Die Welt braucht keine weiteren ,Failed States‘, und die jüngste Geschichte hat gezeigt, dass es mit der Brechstange nicht geht. Langfristige Arbeit, die nachhaltige Strukturen schafft und einen Beitrag zur allgemeinen Lebenssituation vieler Menschen leistet, ist in unseren Augen nachhaltiger und erfolgversprechender.“ Diesem Ziel kommt „Partnerschaft für Afrika“ Tag für Tag einen Schritt näher.

Spenden: Der erste Schritt in die Selbständigkeit
Friederike und Günter Heidenhof  tragen sämtliche Verwaltungs- und Reisekosten zusammen mit einem weiteren Spender privat. Daher kann sich der Verein keine umfassende Öffentlichkeitsarbeit leisten. Die Vereinsgründerin sagt: „Vieles läuft durch Mund-zu-Mund-Propaganda und über persönliche Kontakte. Natürlich versuchen wir, in den Medien präsent zu sein, aber das ist leider nicht so einfach. Wir freuen uns daher über jeden, den wir für unsere Arbeit begeistern können. Im vergangenen Jahr hat beispielsweise der Zonta Club Krefeld am Rhein dem Verein einen Teil der Spendengelder aus seiner Aktion „Weihnachten in Tüten“ Projekten für HIV-positive alleinerziehende Mütter gewidmet, die Willicher Eulenhofstiftung hilft aktuell beim Ausbau der Jugendfarm – nur zwei Beispiele aus dem Krefelder Raum.  Aber auch überregional helfen Privatleute, Unternehmen, Stiftungen oder Vereinigungen wie Lions und Rotary, die Projekte weiter voranzubringen.

Spendenkonto Partnerschaft für Afrika e.V.
Postbank
IBAN: DE12 3601 0043 0998 2554 38
BIC: PBNKDEFF

Anzeige

Regiopartner