Das Geheimnis der roten Herzen

Unterwegs mit… …Hamzi Ismail – Genau: „Der aus dem Fernsehen“

Oft wurde er in seiner Kindheit und Jugend mit Pseudofragen konfrontiert wie „Hamzi ‘ne Uhr?“ oder „Hamzi mal  ‘ne Mark?“ Aber anstelle, sich darüber zu ärgern, war Hamzi Ismail schnell klar: „Mit meinem Namen kann man kreative Wortspiele machen. Damit könnte ich doch auch Geld verdienen.“ So kam es: Seit 2015 heißt es in der WDR Lokalzeit Düsseldorf „Hamzi ‘ne Frage?“ und in der ARD-Sendung „Live nach Neun“ hieß es 2020 „Hamzi‘s gewusst?“. Petra Verhasselt und Fotograf Michael Ricks haben den 34-jährigen Wahlrheinländer mit libanesischen Wurzeln in Düsseldorf getroffen. Ihr Treffpunkt: das WDR Funkhaus direkt am Rhein.

Hamzi 'ne Frage: Hamzi Ismail beim WDR. Foto: Michael Ricks
Hamzi 'ne Frage: Hamzi Ismail beim WDR. Foto: Michael Ricks
Hamzi 'ne Frage: Hamzi Ismail beim WDR. Foto: Michael Ricks
WDR Funkhaus: Hier warten jeden Monat zig Rätsel-Anfragen auf Hamzi. Foto: Michael Ricks

Mit flottem Schritt und wehendem, beigen Mantel kommt Hamzi Ismail die Treppe aus der ersten Etage des Funkhauses hinunter, wo er gerade noch in der Vertonung saß für eine Dokumentation des neuen WDR-Youtube-Formats „MordOrte“, das echte Kriminalfälle aus NRW behandelt. Sofort hat er uns in der Cafeteria wahrgenommen. Die Begrüßung ist herzlich, und wir freuen uns auf zwei Stunden mit einem entspannten, sympathischen und unkomplizierten Zeitgenossen. Auf dem Weg zum Shooting vor den stylischen Gehry-Bauten im Medienhafen erleben wir Hamzi, den wir ab sofort duzen dürfen, als telegenen Mann, der es jedem Fotografen leicht macht: Der weiß, wie man am besten vor der Linse rüberkommt. Der sich aber auch freut, wenn man für ein noch besseres Bild an seinem Mantel oder seinem Schal zubbelt. Bei unserem Spaziergang an der Rheinuferpromenade, die er, wie er zugibt „viel zu selten privat“ genießt, erfahren wir, dass Hamzi Ismail das jüngste von sechs Geschwistern ist. Er hat noch vier Schwestern und einen Bruder und bezeichnet sich schmunzelnd als „Nesthäkchen“.

In seiner großen Familie scheint er ein gutes Sozialverhalten erlernt zu haben – mehr noch: In ihm wuchs das Interesse an soziologischen Zusammenhängen. Doch bevor sich Hamzi an der Kölner Universität in den Fächern Politikwissenschaft, Soziologie und Sozialpsychologie einschreiben konnte, durchlief er einen eher holprigen Schulweg: Grundschule, Gymnasium, von dort freiwillige „Versetzung“ in die Hauptschule, dann Mittlere Reife, Übergangsklasse zum Gymnasium und schließlich das Abitur mit den Leistungskursen Sport und Französisch. Hamzi Ismail hatte seine erste große Station geschafft. Ab diesem Zeitpunkt ging es nur bergauf. Das Studium mit einem Auslandssemester in Istanbul lief gut. Parallel heuerte er beim Hochschulradio an und bekam einen der begehrten Jobs als studentische Hilfskraft beim WDR – Kabeltragen bei der ARD-Sendung „Der Presseclub“ inklusive. Nach journalistischen Praktika und einer Tätigkeit als Radio-Autor konnte Hamzi Ismail beim WDR ein journalistisches Volontariat zum Redakteur machen. In Zeiten riesiger Nachfrage eine großartige Chance und Fundament für seine heutige Karriere als freier Journalist und Moderator, nicht nur beim WDR.

Rheinturm und Gehry Bauten im Medienhafen Foto: Michael Ricks
Petra Verhasselt und Hamzi Ismail. Foto: Michael Ricks
Hamzi Ismail. Foto: Michael Ricks
Mit Hamzi im Medienhafen. Foto: Michael Ricks
Petra Verhasselt und Hamzi unterwegs am Rheinufer. Foto: Michel Ricks

Seit 2015 fast 150 gelöste Rätsel

Dass Hamzi Ismail irgendwann mal Journalist werden würde, liegt im Nachhinein auf der Hand. „Schon als Jugendlicher wollte ich immer alles ganz genau wissen und habe viele Fragen gestellt. Meine Freunde hat das schon manchmal auf die Palme gebracht, weil ich selbst bei alltäglichen Dingen immer bis ins Detail nachgehakt habe. Diese Neugierde habe ich mir bis heute bewahrt. Ich mag es einfach nicht, wenn ich die Hintergründe für einen Sachverhalt noch nicht herausgefunden oder verstanden habe. Eine meiner großen Stärken ist allerdings manchmal auch eine Schwäche: ich bin sehr diskussionsfreudig. Gerade im Bereich Social Media muss ich mir das etwas abgewöhnen.“

Paart man diese kindliche Neugierde mit professioneller Recherche, ist man ganz schnell bei „Hamzi ‘ne Frage?“ Das Format läuft seit 2015 alle zwei Wochen montags um 19.30 Uhr in der WDR Lokalzeit Düsseldorf. Im Sommer wird übrigens das 150. Zuschauerrätsel gelöst. Das Konzept der Sendung ist so genial wie einfach: Zuschauer möchten beispielsweise die Hintergründe für einen kuriosen Straßennamen wie „Im Paradies“ in Krefeld-Hüls wissen oder warum die Kirchenuhr in Düsseldorf-Urdenbach zweimal die römische Zahl Sieben, dafür aber keine Acht, zeigt. Solche Fragen wecken Hamzis detektivischen Spürsinn. Im Schnitt erreichen die Redaktion zehn bis 15 Anfragen monatlich.

In Erinnerung an eine große Liebe

Jede Spurensuche beginnt am WDR-Funkhaus. Dort steigt Hamzi Ismail, der überzeugter Bahnfahrer ist und daher selbst kein Auto fährt, in einen der weißen WDR-Kombis mit dem markanten blauen Logo und begibt sich gemeinsam mit Kamera- und Tonmann auf Rätselreise. Seine absolute Lieblingsfolge, und gleichzeitig auch die aufwändigste Recherche, war die rund um eine kleine Plakette auf einer Parkbank in Volmerswerth. Darauf war zu lesen „In Erinnerung an eine große Liebe“. Während wir an Liebespaaren am Rheinufer vorbeischlendern, erzählt Ismail die Geschichte: „Ich wollte unbedingt das Pärchen finden, zu dem die Plakette gehört. Nach Recherchen in der nahegelegenen Gärtnerei, bei städtischen Ämtern und Behörden rief mich irgendwann die Leiterin des Gartenamtes an. Sie hatte erst später durch Zufall von meiner Anfrage erfahren, denn sie war zu der Zeit im Urlaub. Ich war völlig verdutzt, als sie mir sagte, sie habe die Bank mit der Plakette aufstellen lassen. Aber es war nicht ihre Geschichte, sondern die eines Ehepaares, das aus Düsseldorf kam, dann aber nach Süddeutschland gezogen war.“

Die Leiterin des Gartenamtes stellte dann den Kontakt zu dem Ehepaar her und Ismail rief die beiden an: „Sie erzählten mir, dass sie sich damals auf dieser Bank ihre Liebe geschworen haben. Sie bekamen zwei Söhne und besuchten auch nach ihrem Umzug nach Süddeutschland einmal im Jahr Düsseldorf und ihre Bank, um an diesen Tag zu erinnern. In einem Jahr sei die Bank plötzlich nicht mehr da gewesen. Das hat die beiden so traurig gemacht, dass der Ehemann an die Stadt Düsseldorf schrieb und fragte, warum die Bank weg sei. Die Dame vom Gartenamt war so gerührt, dass sie auf Kosten der Stadt eine neue Bank aufstellen und zusätzlich eine Plakette anbringen ließ mit der Aufschrift: ,In Erinnerung an eine große Liebe.‘ Das Ehepaar war darüber sehr glücklich. Irgendwann lernte ich den Mann persönlich kennen. Leider war seine Frau kurz vorher gestorben. Er sagte mir: ,Ich werde jetzt noch ein einziges Mal unsere Bank besuchen, um mich von meiner Frau zu verabschieden.‘“

Als Reporter hat Hamzi Ismail schon die eine oder andere schöne Ecke am Niederrhein kennengelernt. Sein Fazit: „Der Niederrhein hat viel Kultur zu bieten, und man stößt immer wieder auf Spuren der Römer und Napoleons. Es gibt alte Burgen und viel, viel Grün. Gleichzeitig ist die nächste Stadt oft nur wenige Minuten entfernt.“ Nach fast 150 Folgen im Gedächtnis geblieben sind ihm Krefeld-Linn mit dem historischen Ortskern und der Burg und Neuss, „weil die Stadt viele spannende Geschichten und Rätsel in sich birgt und das Museum Insel Hombroich einfach sehenswert ist.“ Als drittes persönliches Highlight nennt der vielgereiste WDR-Reporter Kaiserswerth, wo ihn die alte Burgruine und der Biergarten direkt am Rhein begeistern. Welches dieser beiden Highlights sein Favorit ist, hat er allerdings nicht verraten…

Wenn man Hamzi Ismail, der libanesische Wurzeln hat und in Würzburg geboren ist, fragt, was für ihn Heimat ist, sagt er: „Heimat ist der Ort, den man selbst als heimisch empfindet, wo man sich so wohl fühlt, dass man immer wieder gerne dorthin zurückkehren möchte. Man kann auch mehrere Heimaten haben. Meine Heimat ist Würzburg. Dort bin ich geboren und dort  20 Jahre lang gelebt. Meine Familie wohnt zum Teil heute noch dort. Ich liebe es, mit dem Zug in die Stadt einzufahren, die Weinberge und die Festung Marienberg zu sehen. Das fühlt sich nach Heimat an. Das Rheinland dagegen ist seit 13 Jahren meine Wahlheimat: In Köln habe ich studiert und meine Berufung gefunden. Aber ich habe auch eine Heimat im Libanon. Dort lebt ein Großteil meiner Familie, aber das Land wird vermutlich nie zu meinem Heimatort werden, einfach weil ich Deutscher bin und hier meine Heimat ist.“

Die Plakette „In Erinnerung an eine große Liebe“. Foto: Privat
Hamzi bei einem Dreh für die ARD-Sendung „Live nach Neun“. Foto: Privat
Petra Verhasselt und Hamzi unterwegs am Rheinufer. Foto: Michel Ricks
Wer weiß, was diese roten Herzen bedeuten? Foto: Michael Ricks

Am besten sind Rätsel mit Aha-Effekt

Diese Geschichte ging Hamzi Ismail sehr ans Herz und zeigt, mit wieviel Liebe und Empathi er immer an die Rätselauflösung geht. Ein bislang nicht gelüftetes Geheimnis, hinter dem die Reporterspürnase auch eine Herzensgeschichte vermutet, begegnet sogar uns bei unserem gemeinsamen Spaziergang an der Rheinpromenade. Hamzi deutet auf ein aufgesprühtes, rotes Herz auf einem Stein und sagt: „Davon gibt es mehrere in Düsseldorf, zum Teil auf dem Boden oder auf Objekten. Sie sind mit Sicherheit keinem Graffitikünstler zuzuordnen, denn die hinterlassen ja bei jedem ihrer Werke ihr Signet. Meine Aufrufe über Facebook, worüber ich oft hilfreiche Tipps bekomme, waren bisher erfolglos. Wenn also einer der Leser der NiederRhein Edition etwas weiß, bitte melden!“

Die besten Geschichten seien übrigens immer die, die man im ersten Moment gar nicht als etwas Besonderes wahrnehme, so Hamzi Ismail, und er fügt hinzu: „Und dann kommt bei der Auflösung plötzlich der Aha-Effekt, durch den die Zuschauer etwas lernen und emotional berührt werden.“

Einen ganz eigenen „Aha-Effekt“ konnten wir übrigens unserem Promi beim Trip am Rheinufer bescheren. Wir haben ihn mit auf den Fernsehturm genommen, der in diesem Jahr 40. Geburtstag feiert. Aus 168 Metern Höhe hatte Hamzi buchstäblich den Überblick, den er für seine Arbeit braucht. „Hier war ich noch nie“, musste unser Gast zugeben und war begeistert von der Rundum-Fernsicht über sein Schaffensreich zwischen Neuss und Grevenbroich, Dormagen und Kempen, Krefeld und Viersen. An einer der riesigen schrägen Fensterscheiben nutzte Hamzi die Gelegenheit für ein Instagram-Video, natürlich mutig „schwebend“ über dem WDR Funkhaus und dem Medienhafen.

Der Rheinturm steht im Düsseldorfer Regierungsviertel auf 36,6 Meter über NN im Rheinpark Bilk am östlichen Ende des Medienhafens und wenige hundert Meter südwestlich der Altstadt am rechten Rheinufer. In unmittelbarer nördlicher Nachbarschaft zum Turm befinden sich der Landtag von Nordrhein-Westfalen und die Rheinkniebrücke, südlich davon das Stadttor und das WDR-Landesstudio Düsseldorf. Der Turm bildet außerdem den südlichen Abschluss der Rheinuferpromenade. Der Rheinturm ist 240,5 Meter hoch und der zehnthöchste Fernsehturm in Deutschland. Der von 1978 bis 1982 erbaute Rheinturm dient sowohl als Träger von Antennen für Richtfunk, DVB-T-Fernsehen und UKW-Funkdienste als auch als Aussichtsturm.  Bei klarer Luft ist von der Aussichtsplattform M168 am Horizont der Kölner Dom auszumachen. www.rheinturm.de

Rheinturm Düsseldorf. Foto: Michael Ricks
Ausblick mit Weitblick: Hanzi auf dem Rheinturm. Foto: Michael Ricks
Hamzi Ismail und Petra Verhasselt. Foto: Michael Ricks
Hamzi mutig im Rheinturm. Foto: Michael Ricks
Hanzi am Rheinufer. Foto: Michael Ricks

Neues. YouTube-Format des WDR: „Lokalzeit MordOrte“

Bei unserem Schluss-Stopp in der Bar mit 360-Grad-Blick haben wir zusammen mit Hamzi Ismail auf seine neuen Aufgaben geschaut: Seit Anfang des Jahres streamt der WDR das True-Crime-Format „Lokalzeit MordOrte“ auf YouTube. Gemeinsam mit vier Kolleginnen und Kollegen beleuchtet Hamzi dabei Verbrechen aus Nordrhein-Westfalen. Er spricht mit den Menschen vor Ort, deren Leben durch das Verbrechen verändert wurde und fragt, wie es den Ort verändert hat. Die Moderatoren nutzen bei ihrer Arbeit die Ortskenntnisse und die vielen Kontakte, die sie und andere Lokalzeit-Reporter:innen im ganzen Land haben. Sie steigen in die Archive, zeigen Bilder von den Tatorten, den Ermittlungen und den Gerichtsprozessen. Für noch mehr Crime-Kompetenz sorgen Gäste wie Philipp Fleiter, der die Podcasts zum „Tatort“ und „Polizeiruf“ macht, ein Strafverteidiger und ein Crime-YouTuber. Das ist aber noch nicht alles. Hamzi Ismail spielt mittlerweile auf der gesamten Klaviatur des freien Journalismus: Er ist Reporter, Autor, leitet Podiumsdiskussionen im sozial- und kulturpolitischen Bereich und produziert den Podcast „Next Generation“. Dabei unterhält er sich mit Gästen aus Kultur, Politik und Gesellschaft über Visionen von Kultur, das neue Denken junger Führungskräfte, Diversität, Digitalität und Forderungen an die Politik. Die erste Staffel kann man bereits bei Spotify und Soundcloud hören, die zweite ist in Arbeit.

Also keine Langeweile bei Hamzi Ismail, der in seiner Freizeit die Natur, aber auch das multikulturell geprägte Leben rund um seine Herzenswohnung am Köln-Mülheimer Rheinufer genießt. Wenn dann noch Zeit bleibt, spielt er Handball, steht am Herd und kocht, zum Beispiel ein Hähnchenfilet in Cashewsoße mit Reis oder ein veganes indisches Curry. Oder er telefoniert mit Freunden und überlegt, wohin ihn die nächste Reise führen wird. Zuletzt war es Sri Lanka, demnächst wird es vielleicht Kuba oder Australien, wo er dann sicherlich auch Besonderheiten aufspüren wird, die manch anderer Tourist erst auf den zweiten Blick erkennt.

Wir sagen: „Danke Hamzi, für deine Zeit und schöne Stunden in Düsseldorf!"

Mehr von und über Hamzi Ismail
www.hamzi-ismail.de
Hamzi 'ne Frage? – WDR Lokalzeit Düsseldorf
Lokalzeit MordOrte auf YouTube
Next Generation auf Spotify 
[In „Next Generation” trifft Hamzi Ismail in jeder Podcast-Folge auf spannende Persönlichkeiten aus dem Kultursektor. Seine Gäste sind jung und visionär – und sie leiten ein Theater, ein Schauspiel, ein Museum oder ein großes Festival…]

 

Text: Petra Verhasselt | Bilder: Michael Ricks | NiederRhein Edition 2022

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