HOMBROICH – RAKETENFESTIVAL
Programm »Hombroich : Raketenfestival«
PROGRAMM
SAMSTAG 28. Mai 2022
17:00 / Opening Speech and Concert
Barbara Morgenstern und Chor
Veranstaltungshalle
max. 199 Plätze/Seats
18:00 / Concert
O Yama O
Tilapia
19:00 / Concert
Decha
Konzertwiese
20:00 / Concert
Jan Schulte
Konzertwiese
16:00–19:00 / Essbare Botschaft
Arpad Dobriban
Stahlkochen ist Kunst von Anatol Herzfeld
16:00–21:00 / Installation
Rolf Julius
Fontana Pavillon
16:00–21:00 / Installation
Natascha Sadr Haghighian
Tafelrunde
17:00–21:00 / Internet Radiostation
Callshop Radio Düsseldorf
Aiko Okamoto
Waltraud Blischke
Gästeatelier
PROGRAMM
SONNTAG 29. Mai 2022
16:00 / Concert
Oskar Gottlieb Blarr
Neue Musik – ein Erfahrungsbericht
Veranstaltungshalle (max. 199 Plätze/Seats)
17:00 / Sound walk
Akio Suzuki (tba)
18:00 / Concert
Sofia Jernberg
Veranstaltungshalle (max. 199 Plätze/Seats)
19:00 / Concert
Susanna Gartmayer
Haus für Musiker
20:00 / Concert
A Rocket in Dub
Stahlkochen ist Kunst von Anatol
16:00–19:00 / Essbare Botschaft
Arpad Dobriban
Stahlkochen ist Kunst von Anatol Herzfeld
16:00–21:00 / Installation
Rolf Julius
Fontana Pavillon
16:00–21:00 / Installation
Natascha Sadr Haghighian
Tafelrunde
17:00–21:00 / Internet Radiostation
Callshop Radio Düsseldorf
Aiko Okamoto
Waltraud Blischke
Gästeatelier
Am 28. und 29. Mai 2022 findet auf der Raketenstation Hombroich erstmals das »Hombroich : Raketenfestival« statt. Zwölf musikalische Beiträge internationaler wie lokaler Künstlerinnen und Künstler zeigen aktuelle Formen von experimenteller, elektronischer und improvisierter Musik, Klang- und Radiokunst. Das Festival verbindet Musik, Natur und Architektur zu einem sinnlichen Erlebnis. Karl-Heinrich Müller, der Gründer der Raketenstation, sah diesen Ort als einen „offenen Versuch“, um über Musik und Kunst zu neuen Lebensformen zu finden. Daran anknüpfend soll das nichtkommerzielle Festival neue Perspektiven auf unser gegenwärtiges und künftiges Zusammensein ermöglichen. Das schließt ein rücksichtsvolles Miteinander und einen achtsamen Umgang mit der Natur auf dem Gelände ein. Der Eintritt ist frei!
Fünf Fragen an Miki Yui und Stefan Schneider, Kurator:innen des Hombroich: Raketenfestivals 2022
Wie ist die Idee zu dem Festival entstanden?
Stefan Schneider: Wir wurden vor ca. anderthalb Jahren von Katharina Hinsberg, einer Künstlerin, die auf der Raketenstation arbeitet, angesprochen. Neben dem seit Jahren bestehenden Inselfestival, das sehr klar der Neuen Musik verschrieben ist, gab es den Wunsch nach einem neuen Festivalformat auf der Raketenstation, welches einem möglichst weiten Spektrum der zeitgenössischen Elektronik und Experimentelle Musik Platz gibt. Das Programm ist dann sehr schnell und sehr dialogisch entstanden. Da wir ein klares Konzept hatten, haben sich die Namen der beteiligten Künstler:innen fast von selbst ergeben. Wir wollten das Gelände der Raketenstation so nutzen, wie man es üblicherweise vorfindet. Dazu gehören die Architektur, die Gärten, Wiesen und die Geschichte des Ortes. Wir wollten den Ort, mit allen Möglichkeiten und Einschränkungen, annehmen wie er ist und ihn nicht zu einer Festival-Location umbauen. Durch die Bandbreite der Musiker:innen wollten wir z. B. unterschiedliche Generationen zum Festival einladen. Dazu gibt es noch Workshops für Kinder von Der Treff aus Neuss Weckhoven und Kabawil e. V. aus Düsseldorf oder die Zusammenarbeit mit einem Laienchor aus Neuss. Das Programm gemeinsam zu entwerfen, war der schönste und leichteste Teil der Sache.
Welche Bewandtnis hat es mit dem Namen?
Stefan Schneider:Da es auf der Insel Hombroich das Inselfestival gibt wollten wir durch den Namen Raketenfestival klar den Bezug zur Raketenstation herstellen. Der Ort hat ja eine Geschichte, die bis in den Kalten Krieg reicht bzw. Bestandteil davon war. Die militärische Vergangenheit hat durch den Krieg in der Ukraine und die Aufrüstungsdebatten hier eine eigenartige Aktualität bekommen. Dennoch steht der Ort klar für die Umnutzung von militärischem Gelände für kulturelle Zwecke. Karl-Heinrich Müller, der Gründer der Raketenstation, sah in dem Ort eine Möglichkeit, um neue Lebensformen auszuprobieren. Das klang für uns nicht naiv, sondern wir mochten den Gedanken, von einem Ort so etwas zu fordern.
Welche Höhepunkte erwarten die Besuchenden in musikalischer Hinsicht?
Stefan Schneider: Auch wenn die Musik recht experimentell und für viele Leute vielleicht ungewöhnlich ist, hat sie an diesem Ort eine Zugänglichkeit, die man auf spezialisierten Festivals vielleicht manchmal vermisst. Oskar Gottlieb Blarr ist eine sehr wichtige Person in der reichen Geschichte der Düsseldorfer Elektronik. Seltsamerweise wird seine Rolle dahingehend aber sehr selten erwähnt. Er hat z. B. 1970 die ersten beiden Alben von KLUSTER (Moebius, Roedelius, Schnitzler) veröffentlicht. Als Komponist arbeitet er an der Schnittstelle von Geräuschmusik, sakraler Komposition und Neuer Musik.
Natascha Sadr Haghighian und ich kennen uns seit 1994. Sie hat damals to rococo rot zusammengebracht. In ihrem Club Mutzek hat sie Anfang ‘95 Kreidler eingeladen. Das war eines unserer ersten Konzerte in Berlin. Dort haben wir dann Robert und Ronald Lippok kennengelernt. 2012 haben Miki und ich dann ihre tolle Arbeit auf der documenta 13 gehört.
Jan Schulte hat eine großee Liebe zur Natur. Ab und zu begegneten wir uns zufällig im Volksgarten, um Amphibien zu beobachten. Wir sind quasi Hobby-Herpetologen. So kam uns die Idee zu einem Konzert im Garten der Raketenstation. Er wollte zunächst auf einem Baum sitzend spielen. Leider sind die Bäume auf der Raketenstation dafür nicht zugelassen.
Mit Sofia Jernberg habe ich schon öfter zusammengespielt. Es gibt auch ein gemeinsames Album (radius walk von 2017 auf Bureau-b) von uns mit Sven Kacirek. Unsere Konzerte begannen immer mit einem kurzen Solo von Sofia. Das war so wunderbar, dass wir sie hier zu einem ganzen Solokonzert eingeladen haben.
Miki Yui: Wir präsentieren eine Bandbreite von Musik, die sich immer weiter entwickelt - in verschiedene Richtungen. Z. B. die Musik von Oskar Gottlieb Blarr, Meteoren von 1968, ist auch ein Nährboden für die aktuelle Musik von Jan Schulte, DECHA, O YAMA O, oder Rocket in Dub. Wir präsentieren verschiedene Ansätze von Musik, die unsere vielschichtige Wahrnehmung der Welt spürbar machen. Der Prozess in der Musik und in der Kunst ist auch ein wichtiger Aspekt in unserem Programm. Die Performance von Akio Suzuki z. B., der mit selbst gebauten Instrumenten arbeitet, verwandelt die Räume akustisch und lässt uns zusammen das Gelände erkunden. Oder auch die Klanginstallation von Rolf Julius, die aus mehreren kleineren Werken besteht und den Raum zu einem wunderbaren Kosmos transformiert.
Was verbinden Sie persönlich mit Hombroich und der Raketenstation?
Stefan Schneider: Ich war noch Student an der Kunstakademie in Düsseldorf, als das Museum Insel Hombroich eröffnete. Ich war in der Klasse von Bernd Becher, kannte aber auch viele Kommiliton:innen aus der Graubner-Klasse, die mir von Hombroich erzählten, da sie dort zum Teil arbeiteten. Die Sammlung ist wunderbar und der Ort bzw. das künstlerische Konzept einzigartig. Die Raketenstation habe ich 2003 bei einer Ausstellung kennengelernt. Heute freue ich mich, dass die Arbeiten von Ursula Schulz-Dornburg dort zu sehen sind. Die Thomas Schütte Stiftung überzeugt mich besonders mit Ausstellungen von leider unbekannteren Künstler:innen, wie zuletzt von Erinna König oder aktuell von Bertram Jesdinsky. Die Radtour an der Erft entlang ist bei jedem Wetter eine Freude.
Miki Yui: Im April 2021 hatte ich das Glück, im Gastatelier der Raketenstation für einen Monat lang zu leben und arbeiten. Ich habe Pflanzen, meistens Unkraut gesammelt und daraus eine Tabelle von Pflanzenfarben erstellt. Dabei machte ich auch elektronische Musik mit einem modularen Synthesizer. Beides wirkte auf mich natürlich und leicht. Die Raketenstation bietet viel Raum für Inspiration, die Zeit inmitten der Natur gab mir Klarheit. Vielleicht hilft uns dieser Ort zu verstehen, dass wir eigentlich zu Gast in dieser Welt sind.
Was vermag Kunst und vielleicht auch gerade Musik in Zeiten wie diesen?
Stefan Schneider: Dazu haben wir uns an einem Satz von Karl-Heinrich Müller, dem Gründer Hombroichs, orientiert. Er sah in der Raketenstation einen Ort des Experimentierens für neue Lebensformen. Es gibt recht wenige Orte, an denen Menschen aus unterschiedlichen Generationen, sozialen Schichten oder nur mit unterschiedlichen musikalischen/künstlerischen Vorlieben miteinander in Berührung kommen. So einen Ort wollen wir an den beiden Tagen schaffen.
Miki Yui: Als ein nichtkommerzielles Festival wollen wir mit allen – Besuchenden und Künstler:innen – gemeinsam auf eine Entdeckungsreise gehen und einen Austausch zwischen den Menschen anregen. Dafür haben wir Künstler:innen ausgesucht, die mit dem Publikum, dem Raum und der Situation in einen wechselseitigen Dialog treten.
Text + Bilder: Stiftung Insel Hombroich