»Astor Piazzolla ist immer unglaublich ehrlich. Er geht total unter die Haut. Und, naja, Leidenschaft gehört natürlich auch dazu!« Für Isabelle van Keulen ist der Erfinder des Tango Nuevo eine Herzensangelegenheit. Die niederländische Künstlerin hat sich gleichermaßen als Geigerin und Bratschistin auf den bedeutenden Konzertpodien etablieren können. Mit ihrer charismatischen Ausstrahlung und musikalischen Vielseitigkeit ist sie längst eine der gefragtesten Musikerinnen weltweit.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie als Künstlerische Leiterin der Deutschen Kammerakademie und Gründerin ihres eigenen Tango-Ensembles eine musikalische Synthese ihrer Passionen präsentieren würde. Sie heißt Variations on Buenos Aires. Das ebenso ungewöhnliche wie ungewöhnlich mitreißende Experiment ist jetzt im Konzertsaal wie auch auf CD zu hören.
»Piazzolla – das ist eine Verbindung zwischen traditionellem Tango, Jazz und klassischer Musik. Die Herausforderung war, den kammermusikalischen und leichten Charakter der Musik Piazzollas zu erhalten, obwohl es schon quasi eine Orchesterbesetzung ist,« sagt Christian Gerber, der Bandoneonist des Isabelle van Keulen-Ensembles, dem auch die Arrangements des vorliegenden Programms zu verdanken sind. Die Einrichtungen haben es in sich: »Orchester und Ensemble sollen gleichermaßen gefordert werden – keines der beiden hat ausschließlich eine begleitende Funktion. Es ging mir darum, einen Dialog herzustellen.«
Das Programm beginnt mit dem Doppelkonzert d-Moll für zwei Violinen BWV 1043 von Johann Sebastian Bach, allerdings in einer ungewöhnlichen Einrichtung für Violine und Bandoneon, mit der auf raffinierte Weise daran erinnert wird, dass der Köthener Hofkapellmeister und nachmalige Leipziger Thomaskantor im musikalischen Leben des Komponisten und Virtuosen Astor Piazzolla eine zentrale Rolle gespielt hat. Dem barocken Meisterwerk folgt Piazzolla pur: Tangazo, die Variations on Buenos Aires, die Tres minutos únd Adiós Nonino, der ergreifende »Abschiedsgesang« für den geliebten Vater, dem der Sohn damit auch zu einer klingenden Unsterblichkeit verhalf ...
Zum Isabelle van Keulen Ensemble gehören neben der Gründerin und dem Bandoneonisten Christian Gerber der Kontrabassist Rüdiger Ludwig und die Pianistin Ulrike Payer. Das Quartett hat sich mit Leib und Seele der Musik Piazzollas und dem Tango verschrieben – jenem traurigen Gedanken, der sich tanzen lässt, wie der argentinische Dichter Enrique Santos Discépolo (1901-1951) einst erklärte.
Astor Piazzolla
Er ist der König des Tango nuevo, ein Virtuose auf dem Bandoneon, einer der meistgespielten Komponisten unserer Zeit und daher so bekannt, dass man ihn kaum mehr wird vorstellen müssen: Der Argentinier Astor Piazzolla gehörte zu jenen beneidenswerten Künstlern, denen es gelungen ist, die Kluft zwischen der so genannten Ernsten Musik und der Unterhaltung auf ganz natürliche Weise zu überbrücken. Er wuchs in New York auf, wo er unter anderem Klavierunterricht bei einem Schüler von Sergej Rachmaninoff nahm; seit 1937 spielte er in Argentinien das Bandoneon in einem berühmten Tango-Orchester; bei seinem Landsmann Alberto Ginastera studierte er klassische Komposition – und zwar mit solchem Erfolg, dass er ein Stipendium erhielt, um bei Nadia Boulanger in Paris seine Ausbildung fortzusetzen. Seine Lehrerin ermutigte ihn, sich intensiv mit der Musik seiner Heimat auseinanderzusetzen – und Piazzolla tat, wie ihm geheißen. Nach einem neuerlichen Aufenthalt in New York kehrte er 1960 nach Buenos Aires zurück, von wo aus er mit seinen verschiedenen Ensembles und seinem »neuen Tango« ganz Amerika eroberte.
Konzerte der Deutschen Kammerakademie Neuss am Rhein
VARIATIONS ON BUENOS AIRES
Werke von Johann Sebastian Bach und Astor Piazzolla
Leitung und Violine | Isabelle van Keulen
Isabelle van Keulen Ensemble
20. April 2024 | Emden
21. April 2024 | Zeughaus Neuss
22. April 2024 | Hamburg
25. April 2024 | Lörrach
ROMANTISCHE MEISTERWERKE
Werke von Antonín Dvorák, Richard Strauss und Pjotr Iljitsch Tschaikowski
Leitung | Christoph Koncz
26. Mai 2024 | 18 Uhr | Zeughaus Neuss
Weitere Informationen
www.deutsche-kammerakademie.de