Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen

von Dora Heldt

 „Im Norden sagt man Moin, alles andere ist Gesabbel” – an diesen Spruch musste ich tatsächlich ein paarmal denken und schmunzeln, während ich Dora Heldts neuen Roman „Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen” gelesen habe und besagte Johanne in Hamburg kennenlernen durfte.

Johanne Johansen ist eine sehr direkte, spröde wirkende Person. Unaffektiert, pragmatisch, fokussiert und ja, ich würde sagen, sehr kontrolliert. Aber sie hat das Herz am rechten Fleck. Es ist eben nur so, dass sie kein Drama mag. Unnötige Worthülsen, „Show and Shine“ sind ihr zuwider und wenn sie etwas sagt und entscheidet, dann hat es auch Bestand. Als Hanseatin durch und durch, ist sie das Gegenteil von Fähnchen im Wind, auch auf die Gefahr hin, dass das nicht allen gefällt. Dass, muss auch ihr Chef einsehen, als sie ihm an ihrem letzten Arbeitstag schlicht „Tschüss“ sagt und in Rente geht. Da gibt es nichts diskutieren. Gut organisiert und strukturiert, wie sie ist, hat sie sich natürlich schon eine To do-Liste angelegt, mit Dingen, die sie zu erledigen hat und Hobbies, die sich zulegen könnte – und davon wird sie auch nichts und abbringen.  Denkt sie.

Das genaue Gegenteil von Johanne ist ihre Cousine Louise. Sie ist Hausfrau und Mutter, lebt im noblen Hamburger Villenviertel, mit topgepflegtem Haus und Garten inklusive Blick auf die Elbe. Louise scheint immer ein bisschen drüber zu sein, legt großen Wert auf Äußerlichkeiten und das, was die Leute sagen. Das Einzige, was sie mit Johanne verbindet, ist ihre Blutsverwandtschaft und, dass sie beide Anteilseigner am traditionsreichen Familienunternehmen, der Elbreederei Kurt Johansen & Söhne, sind. Aber genauso wie die beiden Cousinen einander in den letzten Jahrzehnten möglichst aus dem Weg gegangen sind, genauso wenig haben sich beide für die Geschicke des Familienunternehmens interessiert. Nicht das es nicht Johannes Wunsch gewesen wäre, in jungen Jahren, mit in das Unternehmen einzusteigen, aber Frauen hatten aus Sicht von Großvater und Onkel dort nichts verloren. Sie haben es ihr schlicht nicht zugetraut. Für Louise war der Weg damit auch vorbestimmt und sie hat sich in ihrer Rolle Hausfrau, Mutter und „Gattin von“ eingerichtet. Besagter Gatte, Thilo-Alexander, hat im Ergebnis dieser Haltung der „alten Herren“ die Geschäftsführung übernommen und auch gleich seinen unsympathischen Sohn Henner, Louises Stiefsohn, ins Unternehmen geholt. Das vermeintliche Dreamteam bekommt allerdings nichts auf die Reihe und als Thilo-Alexander einen schlimmen Unfall hat, fällt nicht nur Louise unsanft aus ihrem Wolkenkuckucksheim. Nach und nach tritt immer mehr zu Tage, ein Ungemach folgt der nächsten Katastrophe. Davon bleibt auch Johannes Leben nicht unberührt und so sind die beiden Cousinen notgedrungen gezwungen, sich zusammenzuraufen und den Schulterschluss zu suchen.

Es fasziniert mich auch jetzt noch, wie es Dora Heldt gelungen ist, mich mit Seite 1 in die Geschichte zu ziehen. Ich habe es jedenfalls sehr genossen diese beiden ungleichen Frauen und ihre wunderbaren Mitstreiter, denn die haben sie, auf dieser Reise, zu begleiten.  

„Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen” ist eine humorvolle, spannende und gleichzeitig auch irgendwie mit einer norddeutschen Nüchternheit erzählte Geschichte, der es dabei nicht an Herzenswärme fehlt und alle Protagonisten so nahbar und real wirken lässt, dass man sie am liebsten sofort in Hamburg besuchen möchte. Wer Hamburg kennt und liebt, der wird sich sicherlich schnell auf einer Reise in Gedanken und einen Spaziergang durch den Hamburger Hafen und an den Landungsbrücken wiederfinden. Und wer von Protagonisten mit Profil und Charakter nicht genug bekommen kann, auch der wird sich von „Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen” gut unterhalten fühlen.

In Gänze ein unterhaltsamer Roman mit überraschenden Wendungen, über Familie und Familien, starke Frauen, den Hamburger Hafen und das es nie zu spät ist, sein Leben in die Hand zu nehmen, für Veränderung und mitunter mehr in einem steckt, als andere einen glauben lassen wollen. Absolut zu empfehlen! (SORA)

Über die Autorin

Dora Heldt, 1961 auf Sylt geboren, hat sich mit ihren Romanen und Krimis auf die Spitzenplätze der Bestsellerlisten und in die Herzen von Millionen von Leserinnen und Lesern geschrieben. Wie kaum eine andere Autorin in Deutschland kennt sie den Buchmarkt von allen Seiten: Die gelernte Buchhändlerin war über 30 Jahre lang Verlagsvertreterin für einen großen Publikumsverlag. Neben humorvollen Familien- und Frauenromanen (u.a. ›Urlaub mit Papa‹, ›Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt‹ oder ›Drei Frauen am See‹, ›Drei Frauen, vier Leben‹) begeistert sie ihr Publikum mit lustig-skurrilen Sylt-Krimis, Erzählungen und Kolumnen. Die Liebe zu ihrer norddeutschen Heimat ebenso wie die zu den Menschen dort fängt Dora Heldt auf unnachahmliche Weise in all ihren Büchern ein.

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