Das St. Theresienheim in Neuss-Weckhoven feiert 50 Jahre gelebte Nächstenliebe – mit Erinnerungen, Geschichten und einem großen Fest am 14. Juni 2025, zu dem alle eingeladen sind!
Ich bin nicht nur hier. Ich bin da und werde gesehen.
Die Stimme von Anna Maria Mai ist ruhig, fast ein wenig vorsichtig, als sie auf der Pressekonferenz am 4. Juni das Wort ergreift. „Ich hatte mir das anders vorgestellt für mein Alter“, sagt die 92-Jährige und es wird mucksmäuschenstill im Raum. Bereits vor einigen Jahren seien ihrem Mann und ihr das Theresienheim empfohlen worden. „Aber damals wollte ich nicht und als es sich ergab, sind wir lieber zu unserer Tochter gezogen.” Sie erzählt von ihrem Mann, ihrer Tochter und dem Schock, als beide plötzlich kurz hintereinander versterben. „Das war eine schwere Zeit für mich. Aber ich wusste: Ich muss etwas für mich tun. Ich weiß ja wie alt ich bin. Also habe ich eine Entscheidung getroffen und hier im Theresienheim angefragt. Ich war sehr froh, als ich hierherkommen durfte und ich habe es nicht bereut.“
Seit gut zwei Jahren lebt Anna Maria Mai im Caritashaus St. Theresienheim in Neuss-Weckhoven. Sie ist Vorsitzende des Bewohnerbeirats, geht jeden Tag, morgens und abends, mindestens eine Stunde spazieren. „Ich brauche das – draußen sein, frische Luft, Natur sehen. Und hier kann ich das. Ich kann einfach loslaufen, und muss nicht eine große Straße überqueren.“ Tatsächlich liegt das Theresienheim sehr zentral mitten in einem Weckhovener Wohngebiet umgeben von einer großzügigen Parkanlage über die sich zahlreiche Spazierwege erschließen lassen.
Vom „Altersheim auf dem freien Feld“ zur lebendigen Mitte von Weckhoven
Was heute wie ein modernes Wohnhaus, hell, freundlich mit großen Balkonen erscheint, war 1975 das größte und modernste Pflegeheim der Region. Gegründet wurde es seinerzeit von den Karmelitinnen vom Göttlichen Herzen Jesu, einem Orden, dessen Mutterhaus in Sittard in den Niederlanden bis heute besteht. 32 Jahre lang führten die Ordensschwestern das Haus – mit Disziplin, aber vor allem mit Lebensfreude. „Wir haben Karneval gefeiert, getanzt, gelacht. Die Schwestern standen sogar auf der Hüpfburg“, erinnert sich Sabine Höppner, die Leiterin des Sozialen Dienstes, und zeigt ein altes Foto: Zwei Nonnen in schwarzer Tracht auf einer orangefarbenem Gummi-Hüpfburg. Ein Bild, das bleibt. So wie Sabine Höppner, die vor 30 Jahren hier angefangen hat. „Das war zu jener Zeit schon fast eine Novität. Eine Sozialarbeiterin im Altenheim. Aber die Nonnen waren sehr offen. Es gab damals keine Konzepte, wir haben gemacht, ausprobiert was geht und was den Bewohnern Freude bereitet.”
2007 übernahm die Caritas offiziell die Trägerschaft. Geblieben ist der Geist. „Wir halten das Erbe der Karmelitinnen in Ehren“, sagt Angela Lozze, die seit Sommer 2024 die Einrichtung leitet. „Ihre Haltung, ihre Wärme – das spürt man hier bis heute. Nicht zu vergessen die Offenheit und wenn man so will ‚Macher-Mentalität‘. Gründe, warum ich mich entschlossen habe, als Einrichtungsleitung zur Caritas und in dieses Haus zu wechseln.“
Ein Ort, der mehr bietet als Pflege
Mit der Sanierung 2014/15 wurde das Theresienheim baulich in die Moderne geführt. „Der Umbau erfolgte im laufenden Betrieb”, erinnert sich Sabine Höppner. „Das war eine ganz schöne Herausforderung für Bewohner und Mitarbeitende, aber wir haben alle an einem Strang gezogen und irgendwie hat uns diese Zeit sogar alle noch enger zusammengeschweißt. Und es hat sich ja auch wirklich gelohnt.”
Einzelzimmer, Wintergärten, gemütliche Gemeinschaftsräume, eine helle Fassade mit gelben Akzenten. Und ein großzügig gestalteter Garten, der mehr ist als grün: Je nach Wetterlage ist er Rückzugsort, Treffpunkt, Bewegungsraum und Bühne.
Auch das Pflegekonzept ist zeitgemäß. „Wir arbeiten nach dem Prinzip der aktiven Pflege“, sagt Angela Lozze. „Das bedeutet, wir schauen auf das, was möglich ist und nicht auf das, was nicht (mehr) geht.“ Dazu gehören differenzierte Angebote für Menschen mit Demenz ebenso wie kreative Therapien, seelsorgliche Begleitung und offene Strukturen, die auch die Nachbarschaft einladen. Das Hausrestaurant kocht nicht nur, für die Bewohner, es gibt seit Kurzem auch einen Essenservice für externe Kunden, etwa über den MahlzeitenService der Caritas Rhein-Kreis Neuss.
Ausflüge für die Bewohner dürfen natürlich auch nicht fehlen. „Einmal im Jahr unterstützten uns dabei sogar Mitarbeiter eines niederländischen Unternehmens”, erzählt Sabine Höppner. „Das ist wohl üblich in den Niederlanden, das Unternehmen Mitarbeiter für 1-2 Tage im Jahr für sozial-karitative Zwecke freistellen. Als man uns gefragt hat, haben wir natürlich nicht nein gesagt und sind sehr dankbar. So können wir beispielsweis auch etwas größere Ausflüge mit den Bewohnern organisieren, z.B. nach Schloß Dyck.”
Ein Team, das mit Herz arbeitet
„Wir haben das Glück, dass viele schon seit Jahrzehnten hier arbeiten“, sagt Sabine Höppner. „Wir sind wirklich ein gutes Team und das, spüren auch die Bewohnerinnen und Bewohner.“ Für Angela Lozze ist das kein Zufall: „Ich glaube daran, dass man Menschen motiviert, wenn man ihnen vertraut.“ Als vor einiger Zeit die Pflegedokumentation umgestellt werden musste, machte sie ein Versprechen: „Wenn ihr das in acht Wochen schafft, grille ich Burger für euch.“ Gesagt, getan. Sie hat den Pflegestammtisch eingeführt, bei dem einmal im Quartal jeder sagen darf, wo ihn der Schuh drückt, was gut oder auch nicht so gut ist oder eigene Ideen einbringen kann. „Ich halte eine offene Kommunikation für einen der wichtigsten Faktoren in der Zusammenarbeit. Ich frage meine Mitarbeitenden wie es ihnen geht und sie wissen, dass ich immer ein offenes Ohr habe. Nur wenn ich weiß, wo gegebenenfalls Probleme sind, können wir auch etwas ändern.”
Auch auf das Verhältnis von Bewohnerinnen zu Pflegekräften ist man im Theresienheim stolz: Eine Fachkraft für jede Bewohnerin. Das ist eine Quote, die nicht selbstverständlich ist. Und wer möchte, kann hier eine Ausbildung machen: in der Pflege, der Hauswirtschaft oder in der Küche. „Ich bin bereit jedem eine Chance zu geben, der will. Wir sind nicht nur ein Zuhause, sondern auch ein Ort, an dem Zukunft beginnt“, sagt Angela Lozze.
Ein Fest, das Erinnerungen schafft
Am Samstag, 14. Juni 2025 wird das gefeiert, was dieses Haus seit 50 Jahren ausmacht: Gemeinschaft. Lebensfreude. Und der Mut, sich immer wieder auf Neues einzulassen.
Los geht’s um 14 Uhr mit Begrüßungen, Ansprachen und einer großen Jubiläumstorte. Danach tanzt eine Bauchtänzerin, das Landespolizeiorchester spielt im Park, ein DJ sorgt für Stimmung. Kinder drehen Runden auf dem Karussell, malen sich Schmetterlinge ins Gesicht und streicheln Ponys. Eines davon wird sogar Bewohnerzimmer besuchen, damit auch die dabei sein können, die nicht mehr mobil sind. An einer Wäscheleine hängen hunderte Bilder aus 50 Jahren Heimgeschichte. Und natürlich wird auch das alte Gründungsschild der Karmelitinnen zu sehen sein – liebevoll aufbereitet, draußen im Garten. Wer mag, darf für die Restauration spenden.
Und Anna Maria Mai?
Die wird an diesem Tag bestimmt wieder ihre Runden drehen. Vielleicht ein bisschen kürzer als sonst, vielleicht mit ein paar mehr Gesprächen zwischendurch. Vielleicht mit einem Lächeln. „Ich bin nicht nur hier. Ich bin da und ich bin dankbar.“
Caritashaus St. Theresienheim
Theresienstr. 4
41466 Neuss