Under the Weather – Wetterfühligkeit oder angeschlagenes Befinden bezeichnet dieser Ausdruck. Dem Wetter ausgesetzt sind Deacons neue Keramikarbeiten, die Flats, in der Tat, denn sie liegen Sonne und Regen ausgesetzt am Boden und sind mit den Schauseiten himmelwärts gerichtet.
Eigentlich gehen diese Werke von Sockeln aus, doch statt einer Skulptur zu dienen, geben die Sockel mit ihren farbig glasierten Oberflächen sich selbst zu sehen. Im Grunde sind die Flats nichts anderes als Bilder, die statt der Wand den Boden als Träger haben. Deacon ist kein Maler, und deshalb folgte die Bemalung der Flats nicht einer Komposition. Er ist fasziniert vom Arbeitsprozess, den Veränderungen der Farben beim Brennen, vom Wechsel von bewusster Steuerung und Zufall, der die überraschenden Effekte der Glasur bestimmt.
Dazwischen stehen die Customs, vertikale Skulpturen aus miteinander verbundenen Metallröhren. Aus einer Standardform setzte Deacon wechselnde Konfigurationen zusammen. Man geht den schwellenden und zurücktretenden Formen entlang und erfährt dabei die Präsenz der Skulptur, wie sie Raum verdrängt und dann wieder Raum umfängt. Zugleich scheinen sich die aufwendig geschliffenen, im Licht schimmernden Oberflächen mit jedem Schritt des Betrachters zu verändern.
Schließlich sind da die Modelle. Deacon entwickelt manche Skulpturen anhand von Modellen, um etwas über die Möglichkeiten einer Form und über ihre Umsetzung zu erfahren. Eine Auswahl von Modellen für Skulpturen unterschiedlichen Formats ist auf Regalen präsentiert. In den intimen Raum im Zentrum der Ausstellungshalle hat Deacon Modelle für die Assemblies-Keramiken gesetzt. Die Assemblies sind freie und doch geordnete Versammlungen aus unterschiedlich geformten Teilen – ein passendes Bild für die Skulptur, aber auch für andere Zusammenhänge.
Richard Deacon
“Under The Weather”
Kuratiert von Dieter Schwarz
bis 18.12.2016
Skulpturenhalle
Berger Weg 16
41472 Neuss/Holzheim
www.thomas-schuette-stiftung.de
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Biographie
Richard Deacon wurde am 15. August 1949 in Bangor, Wales geboren.
1968–1978 studierte er in London Skulptur.
Deacons erste Einzelausstellung fand 1978 in The Gallery im Londoner Bezirk Brixton statt. Von da an stellte er regelmäßig aus, so 1985 in der Tate Gallery, London, 1988 in der Whitechapel Art Gallery, London, 1999 in der Tate Gallery Liverpool und 2005 in der Tate St. Ives. 2007 war er einer der drei Künstler, die Wales auf der 52. Biennale di Venezia repräsentierten.
Seit 1983 stellt er in der Lisson Gallery, London, aus, seit 1986 in der Marian Goodman Gallery, New York, seit 1995 in der LA Louver Gallery in Los Angeles, seit 2003 in der Galerie Thomas Schulte in Berlin und seit 2006 in der Galerie Thaddaeus Ropac, Paris und Salzburg.
Deacon nahm an vielen Gruppenausstellungen teil, so 1992 an der Documenta IX in Kassel. Eine Einzelausstellung seiner Werke reiste 1996–1997 durch Südamerika. Die Retrospektive The Missing Part wurde 2010 im Musée d’Art moderne et contemporain in Straßburg und anschließend im Sprengel Museum, Hannover gezeigt. 2014 folgte eine Überblicksschau in der Tate Britain in London, 2015 die Ausstellung On The Other Side im Kunstmuseum Winterthur, die nun in der Langen Foundation zu sehen ist, parallel zur Retrospektive von Deacons Zeichnungen im Museum Folkwang in Essen.
1999–2009 unterrichtete Deacon an der École nationale supérieure des Beaux-Arts in Paris, 2009–2015 an der Kunstakademie Düsseldorf. Deacon hat verschiedentlich über seine Arbeit und über diejenige anderer zeitgenössischer Künstler geschrieben. 2014 erschienen seine Schriften im Richter Verlag, Düsseldorf.
Im April 2013 kam Richard Deacon: In Between, ein Film von Claudia Schmidt, in die Kinos.
Seit Anfang der 1990er hat Deacon an zahlreichen Orten in der ganzen Welt großformatige Skulpturen erstellt. Er lebt und arbeitet in London.