Im August 2019 – 3 Monate vor seinem 97. Geburtstag – ist Will Brüll verstorben.
Wie meine Kollegen, Redakteurin Petra Verhasselt und Fotograf Andreas Salmon, bei ihrem Interview- und Fototermin für das Portrait über den Bildhauer Will Brüll, habe ich einige Wochen nach diesem Termin ebenfalls einen sehr schönen Nachmittag mit ihm in seiner Mühle verbringen dürfen.
Ich bin unweit der Osterather Windmühle von Willi Brüll aufgewachsen. Als Kinder übte der Garten mit seinen Objekten, wie auch die Mühle, einen ungeheueren Reiz auf uns aus und wir sind immer wieder neugierig um das Areal gestromert. Bei einem Sommerfest irgendwann Anfang der 1980er, durften wir sogar einmal in den Garten, dort war ein Clown oder Zauberer, der Musik auf einer Säge machte. Das ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben. Als ich Will Brüll davon erzählte und dieser Besuch deshalb in doppelter Hinsicht etwas ganz Besonderes und ich ehrlich gesagt auch etwas aufgeregt sei, fing er schallend an zu lachen und meinte: "Kind, kein Grund für Aufregung, vor mir brauchst du keine Angst haben. Früher wurden hier viele Feste gefeiert, auch im Garten - komm ich führe dich mal rum."
Er zeigte mir seine Mühle, erzählte wie er sie Stück für Stück wieder auf- und umgebaut hatte. Führte mich in seine Werkstatt und die dazugehörigen Räumlichkeiten. Zeigte mir seine Skulpturen und hatte zu jeder eine Geschichte zu erzählen. Wir saßen lange im Garten auf einer Bank und Will Brüll erzählte mir aus seinem Leben, von seiner Frau Anneliese, die ihm sehr fehle, den wilden Zeiten mit "Jupp Beuys", der zunächst wohl nicht ganz verstehen konnte, was seinen Freund an der Mühle, einem runden Gemäuer, so faszinierte, dass er sie kaufen musste.
Er fragte mich nach meinem Werdegang, wofür ich mich interessiere, nach meiner Familie und was ich von dem ein oder anderen in der Welt halte. Er sinnierte über das Leben und das Älterwerden und betonte, dass er an keinem anderen Ort lieber sein möchte, als genau hier.
Nun ist Will Brüll von uns gegangen – für mich bleibt die Erinnerung an einen wunderbaren, offen- und warmherzigen Menschen, der den Schalk im Nacken hatte und auch im hohen Alter noch Neugier und Lust am Leben sowie Energie und Kreativität versprühte. Ich wünsche mir für ihn, dass er in Frieden ruht – im besten Fall aber mit seiner Frau Anneliese und seinem Freund "Jupp" Joseph Beuys wiedervereint auf einer Wolke sitzt und viel Spaß hat.
(Sonja Raimann/NiederRhein Edition im August 2019)