Der Radwege-Reiniger

Was Routenwart Thomas Nytus am Niederrhein und darüber hinaus erlebt

NiederRhein Edition, Ausgabe 02/2017 | Text: Petra Verhasselt, Bilder: Michael Ricks

Damit wir „Otto-Normalniederrheiner“ uns nicht ärgern müssen über mutwillig verbogene, gestohlene oder mit fiesen Aufklebern verschandelte und damit unkenntlich gemachte Wegweiser auf unseren heimischen Rad- und Wanderwegen, damit wir immer den richtigen Weg finden, gibt es Menschen, die genau hier für Ordnung sorgen.

Morgens um 7 ist die Welt von Thomas Nytus (29) noch in Ordnung. Doch sobald er den orange farbenen Fiat-Zweisitzer mit dem geräumigen Laderaum mit Kisten voller Schrauben, Zangen und Hämmer, Spaten, Bürsten und Spezialreiniger gestartet hat, beginnt das Abenteuer Niederrhein. Der Routenwart vom sci:moers weiß nie, was ihn an seinem Arbeitstag erwartet. Sein Tatort: ein Teil der NiederrheinRadroute am Rheindeich von Moers. Wir haben den „Radwege-Reiniger“ begleitet.

»Wenn ich privat unterwegs bin und sehe, dass irgendwo eine Beschilderung kaputt ist, merke ich mir das und fahre bei der nächsten Tour dort mit Werkzeug vorbei.«

Thomas Nytus kennt sämtliche Radwege am Niederrhein und darüber hinaus. Zusammen mit drei Kollegen kontrolliert er regelmäßig die Rad- und Wanderwege in den Kreisen Kleve, Wesel, Viersen und Duisburg. Das Team übernimmt außerdem Wartungsarbeiten im Raum Aachen, auf dem Emscher-Radweg und sogar auf der Römer-Lippe-Radroute. Die ist Thomas Nytus vergangenen Herbst mehrere Tage lang abgefahren, um zu prüfen, ob die Beschilderung noch korrekt ist, Vandalismusschäden beseitigt oder zugewachsene Schilder mit einer Astschere vom Grün befreit werden müssen. Der Routenwart erklärt: „Diese Tour habe ich mir allerdings mit einem Kollegen geteilt. Ich bin am Hermannsdenkmal bei Detmold gestartet und er in Xanten. In der Mitte haben wir uns getroffen.“ 

Die schönste Route ist für Thomas Nytus aber die 2.000 Kilometer lange Niederrheinroute zwischen Bocholt und Mönchengladbach: „Es ist unglaublich, zu sehen, wie viele schöne Stellen die Natur direkt vor unserer Haustüre zu bieten hat, zum Beispiel rund um Nettetal und auch in Richtung Kleve.“
 

Wann wo welche Routinefahrten gemacht werden müssen, schreibt das NRW-Schilderkataster vor. „Wir arbeiten uns turnusmäßig von A bis Z durch die einzelnen Kreise und beginnen dann von vorne“, erklärt Guido Bonewitz (52). Der gelernte Kaufmann und Integrationsbegleiter koordiniert seit zehn Jahren beim sci:moers die Arbeit der Routenwarte und übernimmt die Logistik der NiederrheinRad-Flotte, die ebenfalls in Moers beheimatet ist. Er fügt hinzu: „Manchmal helfen auch Kollegen aus unserem Bereich Gartenbau mit, zum Beispiel, wenn neue Schilder montiert werden müssen.“

Was ein Routenwart bei seiner Arbeit so alles erlebt, erfahren wir bei unserem Kurztrip mit Thomas Nytus. Erste Station ist der Ortskern von Orsoy. Direkt an der evangelischen Kirche legt er seine Leiter an einem Schilderbaum an. Mit Kfz-Reiniger und Lappen säubert Nytus gekonnt die vielen Hinweisschilder und sieht mit einem Blick, dass sie auch alle noch in die richtige Richtung zeigen. Jetzt geht es weiter zum Rheindeich in Richtung Rheinberg. Die Landschaft wird grün und idyllisch. Ruhe liegt über einem großen See mit einer Schwäne-Kolonie. Auch Störche nisten hier. Fühlt man sich bei der Arbeit nicht manchmal einsam? Thomas Nytus entgegnet: „Man ist zwar alleine unterwegs, wird aber unterwegs von vielen Menschen angesprochen, die sich darüber freuen, dass es eine solche Wartung gibt. Sie loben die Nachhaltigkeit und dass wir auch für Umschilderungen sorgen, wenn es neue Radwege gibt. Manchmal fragen sie auch nach dem Weg. Für uns kein Problem, denn wir kennen uns ja überall aus.“

»Einmal wurde ich in Krefeld von einem Fußgänger gefragt, ob ich ihm ein 60 km/h-Schild besorgen könnte. Er hätte in den nächsten Tagen einen 60. Geburtstag und ich säße ja an der Quelle.«

Bevor wir auf den Deich abbiegen, entdecken wir an einer Weggabelung ein Schild, das mit vier hartnäckigen Aufklebern zugekleistert ist. Der Pfeil, der den Radfahrern den Weg nach links weist, ist nicht mehr zu sehen. Nach zehn Minuten Arbeit mit Spezialklebstoffentferner und Glaskeramikschaber ist der Hinweis wieder zu erkennen und niemand läuft mehr Gefahr, den falschen Weg zu nehmen. Das sei aber nur die „harmlose“ Vandalismus-Variante, weiß Thomas Nytus und ergänzt: „Schlimmer sind Graffitis. Das Reinigungsmittel darf man nur mit Spezialhandschuhen aufsprühen. In Duisburg ist es besonders schlimm. Trotz einer Schilderhöhe von drei oder vier Metern wundert man sich, dass hier Leute Schilder verwüsten. Da kann es auch passieren, dass man heute einen Aufkleber runterzieht, und einen Tag später ist wieder alles vollgeklebt.“ In einem Wald in Niederkrüchten hat Thomas Nytus einmal ein durchlöchertes Schild ersetzen müssen. „Da hat wohl ein Jäger nicht gut gezielt“, schmunzelt er.

Auf der Weiterfahrt winkt uns eine Truppe Radfahrer freundlich zu. Und wir wissen, dass es für sie an der nächsten Ecke kein Orientierungsproblem gibt, denn die Schilderbäume sind ordnungsgemäß bestückt. Dennoch verfahren sich manche Radfahrer immer noch oder beschweren sich über vermeintlich fehlende Schilder. Routenwart Thomas Nytus sagt: „Es ist wie beim Autofahren. Solange kein neues Schild kommt, geht es geradeaus weiter.“ Ein Problem für viele sei aber immer noch die „neue“ Rot-Weiß-Beschilderung. Die wurde zwar schon 2004 eingeführt und löst die alten sechseckigen Schilder ab. Im Kreis Kleve aber gibt es noch beide Schilderarten. Die letzten Sechseck-Schilder werden zurzeit durch die neuen rot-weißen ersetzt. Wenn trotzdem einmal etwas fehlt oder beschädigt ist, kann man diese Hotline anrufen: 0800-88-18-880. Die Routenwartung ist auch per E-Mail zu erreichen: routenwartung@sci-moers.de

Zum Schluss hat Routenwart Thomas Nytus noch einen Tipp für die Planung Ihrer nächsten Radtour. Auf www.routenplaner.nrw.de gibt man einfach Start und Ziel seiner Wunschroute ein und bekommt dann Auskunft über den Streckenverlauf, die Länge und die Dauer der Fahrt bei einer  Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km/h. Mit diesen Infos und dem Wissen, dass sich jemand um unsere Rad- und auch Wanderwege am Niederrhein kümmert, steht dem nächsten Ausflug nichts mehr im Wege.

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Der sci:moers

Der sci:moers ist eine Partner-Organisation des Dachverbandes „Service Civil International“ (SCI). Diese gemeinnützige internationale Organisation setzt sich durch Freiwilligenarbeit einfürFrieden, gewaltfreie Konfliktlösung, soziale Gerechtigkeit, nachhaltige Entwicklung und interkulturellen Austausch. Der SCI verfügt über ein Netzwerk von über 45 nationalen Zweigen auf fünf Kontinenten. Eine der 100 Partnerorganisationen ist der sci:moers. Als gemeinnützige GmbH mit einem Stiftungsverband als Träger arbeitet er seit 1989 als Integrationsunternehmen schwerpunktmäßig in den Bereichen Tourismus, Metall-, Holz- und Gartenbau.  Unter dem Leitsatz „Wir gestalten soziale Ideen“ werden Beschäftigungsmaßnahmen für derzeit 249 Kinder, Jugendliche und Erwachsene angeboten. Geschäftsführer sind Karl-Heinz Theußen und Frank Liebert.

www.sci-moers.de

 

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