Taubengraue Wolken über graugrünen Bäumen und einem graublauen Wasserlauf – Was wie ein Bühnenbild für eine „Herr der Ringe“-Inszenierung anmutet, ist für Helena Jackson der Niederrhein. Die Regieassistentin am Gemeinschaftstheater Krefeld/Mönchengladbach ist 2018 zu den Wurzeln ihrer Kindheit, nach Mönchengladbach, zurückgekehrt. Wir haben die 26-Jährige an ihren beiden Lieblingsplätzen – im Theater und im Park von Schloss Rheydt – getroffen und dabei eine junge Frau kennengelernt, die durch ihre unprätentiöse und offene Art begeistert.
Helena Jackson sitzt am Regiepult zwischen den rot gepolsterten Zuschauersesseln mitten im Rheydter Theater. Ihre brünetten Haare fallen in ihr ungeschminktes Gesicht mit dem spitzbübischen Lächeln. Vor ihr liegt die Partitur der Corona-Revue „Alle maskiert“, die zu großen Teilen ihre künstlerische Handschrift trägt und die man als Fortsetzung ihrer ersten kleineren deutschen Regiearbeit aus dem Jahr 2018 bezeichnen könnte. Damals hatte sie für „Let’s stop Brexit“ ihren Job als freie Regisseurin in London aufgegeben, um als Hospitantin am Gemeinschaftstheater Krefeld/Mönchengladbach an-zuheuern, das acht Jahre auch die Wirkungsstätte ihres Vaters Graham Jackson war. Als Generalmusikdirektor genoss er hohes Ansehen im Orchester und beim Publikum, bis er 2012 mit nur 45 Jahren an einem Krebsleiden verstarb. „Es ist schön, die Stadt, die ich als Kind erlebt habe, jetzt mit erwachsenen Augen wiederzusehen“, freut sich Helena Jackson, die bis zu ihrem 13. Lebensjahr die Bischöfliche Marienschule Mönchengladbach besucht hat. Schon als Kind begeisterte sie sich fürs Theater. Sie erinnert sich: „Ich habe mir am liebsten DVDs mit Bonusmaterial von Fantasyfilmen angeschaut, in denen das Design und die Entwicklung der Requisiten erklärt wurden. Ich bin sie gefühlte tausendmal durchgegangen. Außerdem habe ich meine Geschwister gezwungen, Stücke mit mir aufzuführen und war in der Schule immer dabei, wenn Theater gespielt wurde.“ Doch dann passierte etwas, das sie zum Umdenken bewegte.
In ihrem sympathisch-ansteckenden britischen Akzent erzählt Helena Jackson: „Ich war Kinderstatistin im ,Tod in Venedig‘, und bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass ich später mal Schauspielerin werden wollte. Aber bei den Proben habe ich gemerkt, dass man auf der Bühne ganz lange auf seinen Einsatz warten muss, und das fand ich langweilig. Währenddessen habe ich einen Mann beobachtet, der hinter einem Pult saß und allen gesagt hat, was sie zu tun haben. Das war für mich viel spannender, und ich beschloss, Regisseurin zu werden.“ Dabei hätte Helena Jackson auch Geigerin werden können. „Bis zu meinem 16. Lebensjahr habe ich ziemlich gut gespielt, aber irgendwann muss man sich entscheiden, ob man sechs Stunden pro Tag für eine Profikarriere üben möchte oder halt nicht. Da ich nach der Schule aber oft schon mehrere Stunden im Theater verbracht habe, fehlte mir die Zeit zum Geige üben“, erzählt sie. Vielleicht war es auch irgendwie wieder dieses Gefühl von Langeweile, das sie dabei überkommen hätte, wie ein paar Jahre zuvor als Kinderstatistin. Dass Helena Jackson ihre Ausbildung nicht in Deutschland, sondern in Großbritannien weiterverfolgte, ist für ihre heutige Arbeit ein großes Glück. Es war aber auch die Weitsicht einer erst 13-Jährigen, die für ihr großes Ziel sogar ihre geliebte Familie, die damals noch in Mönchengladbach lebte, zurückließ und ihrem ältesten Bruder in ein Internat nach Cambridge folgte. Auch ihre Eltern wussten: Ein Abschluss in Großbritannien würde es ihrer Tochter, die schon immer Literatur geliebt und ihr gesamtes Taschengeld für Bücher ausgegeben hatte, erleichtern, einen Studienplatz in englischer Literatur zu bekommen. Was dann auch genauso geschah.
Erste Erfolge in der Kulturhauptstadt London
Mit dem Ziel, Regisseurin zu werden, schrieb sich die zielstrebige und wissensdurstige junge Frau an der renommierten Universität von Oxford ein. Das brachte ihr schließlich einen international angesehenen Abschluss, aber auch bereits während des Studiums viele Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Helena Jackson arbeitete in verschiedenen Theatern in Oxford mit, darunter Unitheater und Profibühnen.