Live und Lebendig: Oper Köln

»Vor fünf Jahren wollten wir spielen und hatten keine Spielstätte, aber viel Energie und konnten was tun. Heute haben wir viel Energie und mit dem StaatenHaus eine Spielstätte, aber dürfen aktuell nicht viel tun«, sagte Volker Rhein, Technischer Leiter der Oper Köln, im Gespräch mit der Intendantin Dr. Birgit Meyer. In der Gesprächsreihe »Auf ein Wort mit...«, die sowohl auf der Website wie auch dem YouTube-Kanal der Oper Köln präsentiert wird, sprach Dr. Birgit Meyer mit ihm und Bernd Bitter, Leiter Requisite der Oper Köln, Ende Mai über die aktuelle Situation der Oper in Corona-Zeiten.

Auch wenn die Bühnen Köln (Oper/Schaupiel/Tanz) aufgrund der Corona-Pandemie alle vorgesehenen Vorstellungen für die Spielzeit 19.20 absagen mussten, so stand das Leben auch in dieser Zeit an der Oper Köln nicht gänzlich still, es wurde und wird – im wahrsten Sinne des Wortes – hinter den Kulissen weiter gearbeitet – wenngleich anders als gewohnt. Hier und da wurde das StaatenHaus herausgeputzt, gewerkelt und Dinge getan, für die beispielsweise vor fünf Jahren, als das StaatenHaus zur Interimsspielstätte der Oper Köln wurde, keine Zeit war. So wie die Welt täglich neu lernt mit Corona umzugehen, so lernt auch die Theaterwelt damit umzugehen – immer mit dem Blick darauf, ein sicheres Arbeiten für die MitarbeiterInnen, die Ensemblemitglieder und natürlich das Publikum zu gewährleisten. Abstand, Abstand und nochmal Abstand sind hier neben den allgegenwärtigen Hygienebestimmungen oberstes Gebot. Eine große Herausforderung, denn Sänger sprechen, singen laut. Daran muss sich die Theater- und Opernwelt gewöhnen, lernen damit umzugehen und damit zu inszenieren. »Operninszenierung ist ein Vollkontaktsport, der normalerweise dicht beieinander stattfindet. Das geht momentan aber nicht und wir müssen da einfach eine neue Welt für uns entdecken,« so Volker Rhein.

So fern, und doch so nah

»Wenn das Publikum nicht wie sonst zu uns kommen kann, gehen wir zu ihm« lautete die Devise der Intendantin Brigit Meyer. Gemeinsam mit Pfarrer Hans Mörtter entwickelte sie deshalb eine Idee mit dem schönen Titel »Ständchen« und ab April gingen die Ensemblemitglieder der Oper Köln damit nach draußen. Gemeinsam mit Studienleiter Arne Willimczik gaben sie bis zum Sommer mehrmals pro Woche Ständchen vor Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern. Zwei bis drei Künstler und Künstlerinnen rückten dort samt Flügel an und errichteten unter freiem Himmel eine provisorische Bühne. Die Heimbewohner und Krankenhauspatienten verfolgten den Auftritt dann an den Fenstern ihrer Zimmer. Mit dieser Aktion konnte die Oper Köln fortsetzen, was sie seit Jahren bereits mit »Oper für Jung und Alt« erfolgreich etabliert hat: Menschen mit Demenz besuchen gemeinsam mit Schul- und Kindergartenkindern die rund einstündigen Aufführungen von Kinderopern im StaatenHaus. Und damit sich wirklich alle an den »Ständchen« erfreuen können wurden die Generalproben aufgezeichnet und bei YouTube online gestellt. Auch die Kinderoper hat sich in dieser Zeit ein unterhaltsames und informatives Programm einfallen lassen – u.a. im Rahmen von R(H)EINHÖREN!, einer Kooperation mit dem Jungen Literaturhaus Köln. Normalerweise kommen zu R(H)EINHÖREN! SchauspielerInnen und SprecherInnen in die Kinderoper. Hier lesen sie dann, begleitet von Klaviermusik, für Kinder ab 4 Jahren aus bekannten und neuen Kinderbüchern vor. Da dies vor Publikum in den vergangenen Monaten nicht möglich war, hat die Kinderoper die Lesung daher kurzerhand aufgezeichnet und online veröffentlicht. Überhaupt hat sich die Oper Köln sehr viel einfallen lassen um mit dem Publikum in Kontakt zu bleiben – auf Abstand via Internet. Entstanden sind Mitschnitte oder kleine Videos wie u.a. »Solo-Turandot« in dem Ensemblemitglied Martin Koch und Oberspielleiterin Eike Ecker zeigen wie Oper in Isolation funktionieren kann. Oder »Händewaschen mit Hänsel und Gretel«. Auf das Duett »Brüderchen, komm tanz mit mir« aus der Oper »Hänsel und Gretel« von Engelbert Humperdinck zeigen Kathrin Zukowski und Arnheiður Eiríksdóttir aus dem Internationalen Opernstudio der Oper Köln in dem Video wie gründliches Händewaschen richtig Spaß machen kann.

»Die Zauberflöte« eröffnet die neue Spielzeit im Oktober

Natürlich stand auch in der Requisite und Leitung von Bernd Bitter die Arbeit nicht still. Auch hier wurde der Blick nach vorne gerichtet, getüfftelt, getestet und gebaut, um die kommenden Produktionen vorzubereiten. Entstanden sind wunderbare, phantasievolle und beeindruckende Gebilde – auch für die Inszenierung mit der die Oper Köln Anfang Oktober die Spielzeit 20.21 eröffnen möchte: »Die Zauberflöte« von Wolfgang Amadeus Mozart. Premiere: 3.10.2020 Michael Hampe, der ehemalige Intendant der Oper Köln, inszeniert diesen farbigen Kosmos – eine immer wieder faszinierende Geschichte, in der ›gedankenschwere geistige‹ Themen wie Menschenerziehung, geistige Reifung und Prüfung, männerbündisches Sektierertum, das Übernehmen von Verantwortung und der maßvolle Umgang mit Macht abgehandelt werden, und die dabei zugleich so theaterwirksam ›leicht‹ daher kommt, dass es für ZuschauerInnen aller Altersgruppen eine wahre Freude ist.

Unter musikalischer Leitung des Generalmusikdirektors François-Xavier Roth folgt im November die Premiere der Oper »Written on Skin« von George Benjamin. Die Oper gilt als eines der beeindruckenden Werke des zeitgenössischen Musiktheaters und wurde 2012 beim Festival d’Aix-en-Provence uraufgeführt. Die Handlung geht in wesentlichen Teilen auf eine mittelalterliche Sage aus der Provence zurück. »Written on Skin« erzählt von dem fatalen Beziehungskonstrukt zwischen einem mächtigen Großgrundbesitzer, seiner jungen Ehefrau und ihrem androgynen Liebhaber, einem Buchillustrator. Die Geschichte endet mit der Ermordung des Liebhabers durch den Ehemann und dem Selbstmord der Frau nachdem diese unabsichtlich vom Herz des Geliebten gekostet hat. Premiere: 22.11.2020

Heiter und für das junge Publikum geht es Ende November in der Kinderoper mit »Pünktchen und Anton« von Iván Eröd, nach dem Roman von Erich Kästner weiter. Eine Musikalische Wiederbegegnung mit einem der vielleicht schönsten Stoffe der Kinderliteratur. Premiere: 28.11.2020

Nicht nur ein sinnfälliger Titel in Corona-Zeiten, sondern auch ein denkwürdiges Jubiläum verbinden sich für Köln mit der Oper »Die tote Stadt« von Erich Wolfgang Korngold: Am 4. Dezember 2020, auf den Tag genau 100 Jahre nach der Uraufführung im Kölner Opernhaus am Habsburgerring, wird dieses epochale Werk des seinerzeit erst 23-jährigen Komponisten Premiere haben. Die Handlung spielt in Brügge – als Synonym einer Stadt, die von der Erinnerung an die Vergangenheit lebt. Der Witwer Paul gedenkt in einem »Tempel der Erinnerungen« seiner Frau Marie. Durch die Begegnung mit der Tänzerin Marietta, die seiner verstorbenen Frau verblüffend gleicht, gerät dieses nekrophile Arrangement in Schieflage. Realität und Vision sind bald nicht mehr zu trennen, die emotional aufgereizte Auseinandersetzung mit der Tänzerin steigert sich bis ins mörderische Extrem. Am Ende steht jedoch nicht der Tod, sondern ein Bekenntnis zum Leben. Nachdem dieses Werk, mit seiner ingeniösen Melodik und farbigen Instrumentation, einige Jahrzehnte lang außer Mode gekommen und in Vergessenheit geraten war, nimmt es mittlerweile wieder eine prominente Position im gängigen Opernrepertoire ein und erfährt mit Gabriel Feltz am Pult, inszeniert von Tatjana Gürbaca, nun auch eine (mit Sicherheit) nicht nur in terminlicher Hinsicht erfüllende Kölner Wiederbelebung. Mit dem heiter melancholischen Henry-Purcell-Pasticcio »Der Sturm«, einer Koproduktion mit dem Theater an der Wien, frei nach William Shakespeares gleichnamigem Theaterstück, geht die Reise im Mai 2021 auf eine Zauberinsel des musikalischen Barock. Premiere: 23.05.2021

Anfang April 2021 wird in der Kinderoper, mit der Premiere der »Götterdämmerung (für Kinder)«, das große Projekt von Richard Wagners Tetralogie »Der Ring des Nibelungen« in einer Fassung für junge ZuschauerInnen zum krönenden Abschluss gebracht. Premiere: 10.04.2021

Mit einer Auslastung von knapp 93% bis zum Lockdown lag die Oper Köln in der Saison 19.20 auf Rekordkurs. Die Wiedereröffnung Anfang Oktober wird sicherlich auch ein Neuanfang. Vielleicht wird man Corona-bedingt nochmal umdisponieren müssen und die Wiederbegegnung erfolgt jedenfalls unter Wahrung der gebotenen Sicherheitsabstände, denn wir alle haben gelernt: Es ist ganz und gar keine Selbstverständlichkeit, sich zu Mehreren gemeinsam in einem Raum zu versammeln. Umso mehr empfindet man nun den besonderen Wert eines solchen Zusammenkommens von Menschen.

Text: Sonja Raimann | Bilder: Oper Köln | NiederRhein Edition, Ausgabe 02/2020

Weitere Infos

www.oper.koeln

www.youtube.com/operkoeln

TICKET HOTLINE: 02 21  / 22 12 84 00

 

 

 

 

Text: Sonja Raimann | Bilder: Oper Köln | NiederRhein Edition, Ausgabe 02/2020

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