Sehenswertes Kleinod direkt neben dem Dom: Das Stiftsmuseum Xanten

Messgewänder und liturgische Gerätschaften, Altarschmuck, Reliquienkästchen und Heiligenskulpturen, dazu Urkunden, Dombaurechnungen, mittelalterliche Handschriften, Bücher und sogar ein altes Fußbodenmosaik. Lange waren diese und andere historische Kostbarkeiten der Xantener Domgemeinde für die Öffentlichkeit nicht zugänglich gewesen. Dann erhielten sie vor jetzt gut zehn Jahren mit dem Stiftsmuseum Xanten endlich eine ihnen angemessene Ausstellungsmöglichkeit. Jutta Langhoff besuchte für uns das, direkt am Xantener Dom befindliche Museum und war einfach nur beindruckt.

StiftsMuseum Xanten – Blick in Raum I | © StiftsMuseum Xanten, Foto: Stephan Kube

Text: Jutta Langhoff / NiederRhein Edition

„Warten Sie einen Moment! Frau Maas wird Sie sofort abholen“, erklärte mir gleich im Eingangsfoyer des Museums eine freundliche Dame, nachdem ich mich vorgestellt hatte. „Es dauert nicht lange.“ Und so war es. „Elisabeth Maas, ich bin die stellvertretende Leiterin des Museums“, wurde ich schon wenig später mit einem freundlichen Händedruck begrüßt. „Wollen Sie vorab erst einmal etwas über die Entstehungsgeschichte des Museums wissen, und dann eine Führung, oder lieber umgekehrt?“ „Erst die Geschichte“, entschied ich mich und folgte meiner Gastgeberin daraufhin in einen Raum voller Bücher. „Das ist hier unsere Handbibliothek“, erklärte mir Elisabeth Maas. „Hier haben interessierte Besucher die Möglichkeit, Geschichts- oder auch Ahnenforschung zu betreiben. Wir haben allerdings noch eine weitere Abteilung mit noch älteren Schriften, die nur im Rahmen einer speziellen Führung oder für besondere historische Forschungen zugänglich ist.“ Doch zunächst erfuhr ich erst einmal bei einem Kaffee, dass der heutige Xantener Dom der Legende nach nur ein ganz kleiner, von der Mutter des römischen Kaisers Konstantin errichteter Erinnerungsbau über dem Grab eines römischen Soldaten namens Viktor gewesen war. Der aus dem Umland der ägyptischen Stadt Theben stammende Söldner hatte sich – so erzählt die Legende – um das Jahr 300 nach Christus gemeinsam mit 330 Gefährten geweigert, die römischen Götter anzubeten und war dafür den Märtyrertod gestorben.

Aus dem anfangs eher bescheidenen Erinnerungsbau war dann in kurzer Zeit ein beachtliches Kirchengebäude entstanden, das im Laufe der Jahre immer größer und schließlich um 800 n. Chr. zur Heimstätte einiger meist adliger Stiftsherren wurde. Ihr eigener familiärer Reichtum sowie die finanzielle Gunst einiger damals wichtiger Herrscher hatten dann schließlich dazu beigetragen, dass der Xantener Dom ab Anfang des 16. Jahrhunderts zu einem der größten gotischen Kirchenbauwerke am Rhein wurde. Doch auch andere begüterte Persönlichkeiten vom Niederrhein und darüber hinaus machten dem Xantener Stift Geschenke, zum Beispiel in Form von kostbaren Wandteppichen oder liturgischen Geräten, vor allem aber durch die Überschreibung landwirtschaftlicher Besitzungen. All das stellt heute einen bedeutenden und umfangreichen Kirchenschatz dar.

„Dieser Schatz sollte auch der Öffentlichkeit zugänglich sein“, wünschte sich die Domgemeinde Anfang der 1990er Jahre und regte erstmals die Errichtung eines entsprechenden Museums an. Das, so stellte sie sich vor, sollte nicht nur ganz nah am Dom liegen, sondern nach Möglichkeit auch die weitgehend erhalten gebliebenen Räume des einstigen Stiftes baulich mit einbeziehen. Und so geschah es. Bis auf den zwischen der Dombauhütte und dem Kreuzgang neu gebauten Eingangsbereich wurde bei der baulichen Konzipierung des Museums zum größten Teil auf die alte, historische Bausubstanz zurückgegriffen. Heraus gekommen sind dabei insgesamt zehn Schauräume, ein Vortragsraum plus Archiv, eine öffentliche Bibliothek mit Lesesaal und eine Werkstatt für Buch- und Papierrestaurierung. Dabei zeigen die Schauräume neben gut 400 Exponaten des Xantener Domschatzes auch diverse Alltagsgegenstände, Bilder, Landkarten, Münzen und Handwerkszeuge vom Beginn der römischen Frühgeschichte Xantens bis zur Auflösung des Xantener Viktorstiftes 1802 durch Napoleon.

Hier eine kleine Übersicht über das, was die Besucher bei einer Führung durch die zehn Schauräume des Xantener Stiftsmuseums erwartet:

»Frühe Geschichte«
Nach dem bereits oben erwähnten, neu erbauten Eingang an der Nordseite des Doms geht es zunächst eine Etage tiefer in die ehemaligen Vorratsräume des Stifts. Wo einst Wein und diverse Feldfrüchte lagerten, sind heute im ersten der dort untergebrachten Schauräume Kult- und Alltagsgegenstände der römischen Frühzeit Xantens zu sehen. Daneben erzählt ein Bild die Märtyrerlegende des Heiligen Viktor, dem späteren Namensgeber des Xantener Stiftes. Das Prunkstück dieses Raumes ist jedoch ein knapp drei mal drei Meter großes Fußbodenmosaik, das einst den Boden im Hochchor der Stiftskirche schmückte.

»Die gotische Stiftskirche« 
Der zweite Schauraum beschäftigt sich vor allem mit der gotischen Baugeschichte des Doms. Dabei veranschaulicht neben Urkunden, Materiallisten und bildlichen Handwerksdarstellungen eine moderne Filmanimation die zeitliche Abfolge der unterschiedlichen, neuen und ergänzenden Bauabschnitte.

»Reliquiare« 
Schauraum Nummer drei widmet sich einer besonderen Art von katholischen Kirchenschätzen, den Reliquien. Das waren oft Kleidungsstücke, persönliche Gegenstände oder Gebeinteile von verehrten Heiligen, die in Schreinen oder Kästchen aufgehoben wurden. Eines der hier ausgestellten besonders kostbaren Reliquiare ist ein aus dem 12. Jahrhundert stammendes, vergoldetes Bronzekästchen, in dem noch heute einmal im Jahr, am ersten Sonntag nach dem 10. Oktober, die Reliquien des Xantener Dom-Märtyrers Viktor durch die Stadt getragen werden.

»Geschichte des Stifts« & »Skulpturen«
Nach der Besichtigung der drei Kellerschäume geht es bei unserer Führung anschließend weiter in die Schauräume vier, fünf und sechs im Erdgeschoss. Bei ihnen handelt es sich um den ehemaligen Sängersaal und die Weinstube der einstigen Stiftsherren, sowie um den unteren Unterrichtsraum der alten Stiftsschule. Dabei beherbergt Raum vier einige Porträts der Xantener Stiftsherren sowie diverse Rechtssiegel, während in Raum fünf vor allem Heiligenskulpturen aus dem späten Mittelalter zu sehen sind.

»Liturgie« 
Raum sechs widmet sich in erster Linie der Liturgie und ihrer dabei unmittelbar, aber auch zusätzlich verwendeten Gegenstände. Das sind in diesem Fall neben einem kostbaren, vergoldeten Messkelch, ein Hostienteller, eine Monstranz, ein kunstvoll  geschnitztes Messbuchpult und zwei mit Bergkristallen geschmückte Vortragekreuze, die in der Vergangenheit bei zahlreichen Prozessionen durch Xanten Verwendung fanden.

»Paramente« [Raum 7 und 8]
Ab hier führt der Rundgang weiter ins Obergeschoss, wo sich die letzten vier Ausstellungsräume befinden, von denen sich die ersten beiden dem Thema „Paramente“ widmen. „Paramente“ sind kirchliche Textilien wie Obergewänder von Priestern und Stoffe, die zur Ausschmückung des Altarbereichs, der Kirchenmöbel, sowie des übrigen Kirchenraumes dienen. Mit rund 450 dieser zum Teil schon aus dem 11. Jahrhundert stammenden Textilien besitzt die Xantener Stiftskirche einen der größten Schätze nördlich der Alpen, deren schönste Stücke in den beiden Räumen in eigens für sie hergestellten, effektvoll beleuchteten  Glasvitrinen gezeigt werden.

»Historische Ereignisse« [Raum 9]
In der neunten und vorletzten Etappe der Führung trägt die Ausstellung neben der kirchlichen auch der politischen und gesellschaftlichen Bedeutung des Xantener Stifts Rechnung. Wie viele Kirchengemeinden am Niederrhein war auch das Xantener Stift im Laufe seiner Geschichte zahlreichen politischen Einflüssen ausgesetzt, über die sich die Besucher hier mit Hilfe diverser Landkarten, besiegelter Handschriften und alter Kupferstiche ein übergreifendes Bild verschaffen können.

»Von der Handschrift zum Buchdruck«
Damit, so sollte man meinen, wäre der Rundgang eigentlich beendet. Doch dem ist nicht so. Wie so oft kommt nämlich auch hier das Beste erst zum Schluss. Zumindest für all diejenigen, die wie ich in Bücher jeder Art verknallt sind. Für mich war der zehnte Schauraum mit seinen alten Büchern und Handschriften so etwas wie eine bibliophile Offenbarung. Und das, obwohl hier nur ein kleiner Teil der seit Gründung des Stiftes gesammelten Werke ausgestellt sind. Der weitaus größere Teil befindet sich dagegen gleich nebenan in einem durch eine Glastür getrennten Raum, der zum Schutz der kostbaren Werke allerdings nur auf spezielle Nachfragen oder für besondere Führungen geöffnet wird.

StiftsMuseum / Archiv / Bibliothek Xanten
Kapitel 21
46509 Xanten
Telefon 02801 · 987 78 20 (Museumskasse)

Öffnungszeiten
dienstags bis samstags: 10 bis 17 Uhr
sonn- und feiertags: 11 bis 18 Uhr
montags, Karfreitag, 24., 25. und 31. Dezember, 1. Januar geschlossen

Eintrittspreise
Erwachsene 4 Euro | ermäßigt 3 Euro
Kinder unter 18 Jahren frei

Weitere Informationenüber Sonderführungen für Erwachsenen- und Kindergruppen sowie aktuelle Informationen bezüglich der geltenden Corona-Schutzmaßnahmen finden Sie unter www.stiftsmuseum-xanten.de.

Anzeige

Regiopartner