Zunächst sind die beiden Niederrheiner stolz, die Tradition des St. Martin im Land zwischen Rhein, Maas und Eifelvorland als hohes Kulturgut identifiziert zu haben. Als eine unabhängige Expertenkommission sieben Monate nach Einreichen der Bewerbung bekannt gab, dass der Antrag von Caniceus und Bongartz zog, war die Freude groß. Bongartz: „Nunmehr steht der rheinische Martin neben immateriellen Kulturgütern wie dem Schützenwesen und dem Rheinischen Karneval. Insgesamt hatte es in der jüngsten Bewerbungsrunde 14 Eingaben gegeben.“ Seit 2017 arbeiten die beiden politisch engagierten Männer daran, St. Martin auf den Sockel zu heben, auf den er ihrer Meinung nach hingehört.
Den rheinischen Bräuchen rund um den Heiligen mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen – dieses Ziel verbindet den Elektromeister aus Kempen und den Geschäftsführer aus Brüggen. Die Initiatoren des Kulturerbes St. Martin zeigen sich in ihrem Anliegen dankbar wegen der breiten Unterstützung durch St. Martins-Vereine wie auch seitens der nordrhein-westfälischen Landespolitik. Von dem einen oder anderen Martins-Funktionär anfangs müde belächelt, haben der parteilose Caniceus und der Grüne Bongartz – beide mit Sitz in ihren jeweiligen Kommunalräten – es geschafft, dass die Menschen über das Rheinland hinaus über den Soldat Martinus mit dem großen Herzen sprechen. Und dass sie jenen Befehlshaber der Reiterei der Kaiserlichen Garde preisen, der mit dem Bettler seinen Mantel geteilt hat und Jahr für Jahr im November Millionen Kinder mit ihren Fackeln singend durch die Straßen bewegt. Dafür geben Caniceus und Bongartz mittlerweile europaweit ihre Visitenkarte ab, halten Vorträge, ziehen Netzwerke und rühren die Werbetrommel. Erst vor wenigen Wochen besuchte Caniceus das ungarische Szombathely. Das ist in der früheren römischen Provinz Pannonia, in dem Martin das Licht der Welt erblickte. Der spätere Bischof von Tours soll der Legende nach um das Jahr 334 nach Christus im französischen Amiens mit dem Schwert seinen Mantel geteilt und die eine Hälfte dem Armen gegeben haben. Im 1.100 Kilometer vom Niederrhein entfernten Szombathely fand eine internationale Konferenz unter dem Titel „Das Erbe des St. Martin von Tours in Europa und Ungarn“ statt. Der Kempener Caniceus mit Wurzeln in Sri Lanka referierte auf der Tagung über den Weg seiner Initiative zur offiziellen Anerkennung in NRW. Caniceus skizzierte die Entwicklung der rheinischen Martins-Bewegung aus ihren Anfängen im 19. Jahrhundert bis heute. „Im Bemühen um die Verankerung als Kulturerbe sind wir Freunde des Heiligen Martin auf dem richtigen Weg, auf einem europäischen Weg“, sagte Caniceus in West-Ungarn.